Freitag, 29. März 2013

Immer am Wochenende?

Eine Passionsgeschichte

Manchmal wurndern wir uns in der Praxis doch etwas über die Ausdauer mancher Besitzer. Ich meine damit aber NICHT, dass die Leute besonders ausdauernd in der Behandlung und Pflege ihrer kranken Tiere sind, sondern ganz im Gegenteil damit, diese Krankheiten z.T. völlig zu ignorieren.

Letztens wieder erfolgte Samstag vormittags gegen 10:30 Uhr ein Anruf, die Katze des Ehepaares fresse gar nichts und sei auch sehr schlapp. Das klingt natürlich dringend, also wurde der vermeintlich akute Fall in die ohnehin volle Sprechstunde einbestellt. So etwas kann schlecht warten - da müssen dann leider alle anderen Patienten Rücksicht nehmen.

In der Praxis angekommen, berichtet Frauchen dann, die Katze hätte die ganze Woche schon nichts gefressen, und auch die Woche vorher nicht so richtig! Ohhh! Da Herrchen in der letzten Woche krank war, dachte sie erst noch, das liege daran, denn er füttere normalerweise die Katze. Hmmmh, und diese Woche? Sie sei auch die letzten Tage kaum aufgestanden, breche immer mal und heute habe sie so komischen Schleim am Maul. Im nächsten Atemzug sagt die ältere Dame noch: "Ich weiß nicht, bei UNS ist sowas aber auch immer am Wochenende!" Mir steht kurz der Mund offen, bevor ich mich fangen kann. Als erstes schießt mir nämlich eine Entgegnung durch den Kopf, die ich nur mit Mühe herunterschlucken kann: "Wie ... immer am Wochenende? Wenn man fast zwei Wochen lang die kranke Katze anschaut und wartet, bis das Wochenende kommt, dann ist das wohl so." Aber wie gesagt, ich konnte es doch noch herunterschlucken, sage lieber erstmal gar nichts und widme mich der armen Katze.

Die Katze wird untersucht. Sie rührt sich fast gar nicht mehr, hat pappigen Schleim am Maul, der leicht bräunlich-blutige Schlieren enthält. Im Maul sind großflächige Wunden zu sehen. Die Unterhaut enthält fast gar keine Flüssigkeit mehr, man kann die Katze fast wie eine Knetfigur zurechtkneten - d.h. sie ist sehr-sehr-sehr stark ausgetrocknet. Die Augen liegen tief und sind glanzlos, alle Schleimhäute pappig. Die Katze ist bis auf die Knochen abgemagert und hat fast keine Muskeln mehr. Ohhhhh jeeeeh! Das sieht sehr schlecht aus und vor allem alles andere als akut. So etwas ist - sicher auch für Sie als Laien einsichtig - ein typisches Bild einer chronischen und zehrenden Erkrankung. Nur was ist es? Und noch wichtiger: besteht noch Hoffnung für die Katze?

Eine Blutuntersuchung brachte uns da innerhalb von 15 min. traurige Gewissheit. Die Katze litt vermutlich seit Monaten unter einer schleichend verlaufenden Nierenunterfunktion und hat sich allmählich selbst mit nierenpflichtigen Stoffen innerlich vergiftet. z.B. Harnstoff, der als Abfallprodukt des Eiweißstoffwechsels entsteht und über die Nieren ausgeschieden werden muss, reichert sich dann zunehmend im Blut an. Zunächst versucht der Körper dies durch verstärkten Durst auszugleichen und soviel Harnstoff wie möglich mit dem Urin über die Nieren auszuspülen. Dies gelingt nur bedingt, irgendwann wird auch ein großer Teil des Harnstoffs über die Schleimhäute (Maul, Magen, Darm) ausgeschwitzt und dieser zersetzt sich dann zu Ammoniak. Ammoniak ist ein Reizgas, das die Schleimhaut zerstört, es kommt zu Ulzerationen (Wunden). Die Patienten können nicht mehr fressen. Außerdem führt der Harnstoff im Gehirn zu einer Dämpfung und Apathie, auch werden Chemorezeptoren gereizt, die Erbrechen auslösen.

Im Fall dieser Katze waren wohl schon etliche Tage alle Kompensationsmechanismen des Körpers erschöpft, und die Katze siechte im Endstadium der chronischen Niereninsuffizienz dahin. An dem besagten Samstag waren die Nierenwerte jedenfalls sehr-sehr-sehr weit über dem Normalbereich und kaum noch meßbar. In solchen Fällen sind Therapieversuche leider sinnlos. Man kann nur noch das Leiden verkürzen. Was wir dann auch getan haben. Schade; vor ein paar Wochen, hätte man der Katze vielleicht mit Infusionen noch soweit helfen können, dass sie mit einer speziellen Nierendiät noch ein paar Monate hätte gut leben können.

Menschen, die zu solch extrem starken Verdrängungsmechanismen neigen, wie das oben beschriebene Ehepaar, sollten vielleicht lieber keine Verantwortung für das Wohl eines Tieres übernehmen. Sie denken jetzt vielleicht, na ja, solche extremen Einzelfälle gibt es schonmal. Ich muss aber leider feststellen, dass das bei uns in der Praxis ca. einmal im Monat so oder so ähnlich vorkommt. Dieses Jahr im März hatten wir gleich 3 (!) solcher Fälle zu beklagen. Das nagt dann schon auch an uns, und stellt unser ganzes Selbstverständnis als "Helfer" der Tiere in Frage. 


Daher jetzt meine inständige Bitte an Sie: Im Namen Ihrer Katze (oder auch Ihres Hundes, Ihres Kaninchens oder, oder ...) bitte, bitte, bitte achten Sie besonders bei Ihrer älteren Katze darauf, wieviel sie trinkt (mehr als früher ist ein ALARMZEICHEN, das nennt man Polydipsie), ob ihr Appetit nachlässt, ob sich ihr Verhalten ändert und ob sie dünner wird (auch das ist meist nicht einfach altersbedingt). Im Zeifelsfall gehen Sie mit ihr zu Ihrem TIerarzt. Dort erhalten Sie mit wenig Aufwand Gewissheit und oft kann noch sehr gut geholfen werden. Es gibt da durchaus verschiedene Erkrankungen, die unter Behandlung z.T. eine recht gute Prognose haben, und Ihre Katze kann mit guter Lebensqualität noch eine ganze Weile länger leben. Aber irgendwann ist dieser Zug abgefahren, und dann ist es schlichtweg zu spät für medizinische Hilfe. Und das liegt dann nicht am Schicksal, am Tierarzt, an der Katze oder an sonstetwas sondern einzig und allein an der Ignoranz des Besitzers :-(

Franz von Assisi (1182 - 1226) schrieb dazu:


"Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir, 
alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. 
Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, 
also sind sie uns gleich gestellte Werke des allmächtigen Schöpfers 
- unsere Brüder." 

Handeln Sie danach, nehmen Sie die Verantwortung, die Sie für Ihr Tier übernommen haben, ernst. Achten Sie auf Zeichen mangelnden Wohlbefindens. Unsere Haustiere leiden stumm. SIE sind dafür verantwortlich, ihr Leiden zu erkennen und danach zu handeln. Wegschauen hilft nicht.

Ich bin Tierarzt, kein Abdecker! Mein höchstes Ziel ist es, Leben zu bewahren und verloren gegangene Lebensqualität wiederherzustellen. Oftmals kann ich das, Sie als Besitzer müssen mir aber die Gelegenheit dazu geben. Wundersame Heilung Todkranker hat es bislang nur einmal gegeben, und das ist 2000 Jahre her. Heute an Karfreitag ist der Todestag dieses "Wunderheilers" - daher mein persönliches Karfreitagsgebet:

"Lieber Jesus, 
sei auch bei meinen tierischen Patienten, 
gib, dass ihre Besitzer ihre Verantwortung erkennen, 
und das Wohl der hilflosen Kreaturen im Blick behalten. 
Erbarme Dich über diejenigen Tiere, 
die nicht das Glück haben, 
einen verantwortungsbewussten Besitzer gefunden zu haben.
Und schließlich: Hilf mir, ihnen allen zu helfen. 
Amen"

"Ruhe sanft, kleine Katze!"
Karfreitag-Parament unserer Berstädter Kirche

Donnerstag, 28. März 2013

Das manchmal schmutzige Geschäft mit der Ware Hund!

Immer wieder berichten uns frisch gebackene Welpenbesitzer von merkwürdigen Umständen, unter denen sie ihren Hund bekommen haben. Außerdem haben wir auch immer wieder mal Welpen hier, die augenscheinlich krank sind, oder die, kaum im neuen Zuhause angekommen, Durchfall und manchmal auch noch Erbrechen entwickeln. Häufig finden wir dann eine wahre Mixtur von verschiedenen Erregern.

Spulwürmer aus dem Erbrochenen eines Welpen
Unlängst hatte ein 8 Wochen alter Welpe massenhaft Hakenwürmer und auch noch Giardien (auch für Menschen gefährliche Amöbenart). Das lässt auf sehr schlechte hygienische Zustände schließen. Sein Darm war so stark geschädigt, dass das Hundchen leider trotz Behandlung gestorben ist. Bei einem anderen Welpen mit Durchfall fanden sich neben Darmparasiten wie Spulwürmern und Giardien auch noch Bakerien wie Salmonellen, Yersinien und Campylobacter. Diesem Hund geht es inzwischen wieder gut. Beide Hunde wurden angeblich bei seriösen Züchtern gekauft. Merkwürdig ist aber, dass bei dem letztgenannten Welpen der Hobbyzüchter, der angeblich nur eine Hündin besitzt, und nur noch diesen einen Welpen hätte, die Woche darauf neue Welpen inserierte. Bei einem Testanruf eines Bekannten verstrickte sich der "Züchter" in Widersprüche.

Im letzten Jahr hatten wir einen Welpen auf dem Tisch, bei dem die Besitzerin sich über den Züchter gewundert hatte und dann feststellen musste, dass sie einem bekannten unseriösen Händler aufgesessen war. Der Hund war als Welpe aus einer "Hobbyzucht" im Internet inseriert. Die Dame fand dann aber heraus, dass der Züchter in mehreren Foren mit verschiedenen Telefonnummern und mit mind. drei verschiedenen Namen agiert! Er hatte damals insgesamt sechs verschiedene Rassen im Angebot. Das findet man aber nur heraus, wenn man die Namen und Telefonnummern sowie die Bilder vergleicht, da es da wie bei einem Puzzle immer ein paar zusammen passende gibt. So aufgeschreckt fand sie dann in Diskussionsforen Beiträge von Besitzern, deren Hunde z.T. direkt nach dem Kauf krank wurden, und manche sogar an Staupe starben. Sogar einen Fernsehbericht über die Machenschaften des dubiosen Herren und seiner Lebensgefährtin fand sie: siehe TV-Bericht des WDR auf Youtube

Bereits seit Jahren haben wir immer wieder völlig verwurmte Welpen eines bestimmten Wetterauer Hunde-Händlers auf dem Tisch. Dieser Händler entwurmt einmal, impft die Welpen und dann geht es ab. Nur leider reicht einmal Entwurmen i.d.R. nicht, da z.B. die häufig vorkommenden Spulwürmer sich aus Larvenstadien entwickeln, die die Wurmkur nicht erwischt, sondern nur die erwachsenen Würmer. Es sollte also idealerweise nach einer Empfehlung der ESCCAP ab einem Alter von 2 Wochen 14-tägig entwurmt werden. Super wäre, wenn außerdem die Hündin bereits gegen Ende der Trächtigkeit eine Wurmkur erhalten hätte! Dieser Händler ist übrigens auch dem Veterinäramt bekannt und wird überwacht. Nur ist das Handeln mit Hunden ja nicht verboten. Das heißt, man darf Hunde kaufen und weiterverkaufen. Der Markt bestimmt die Preise.

Schlimm in dem Zusammenhang ist auch, dass viele Welpen im Ausland auf Hinterhöfen und in Bretterverschlägen geboren werden, und dann mit u.U. „geschönten“ Papieren nach Deutschland importiert werden. Oder einfach – dank Schengen-Abkommen – im Kofferraum, und dann werden sie vielleicht sogar als in Deutschland geborene Hunde verkauft. Diesen Verdacht hatten wir bei einer Hündin, die angeblich aus Bayern stammte und mit 8 Wochen hier bei dem o.g. Händler gekauft wurde. Bei ihr ist nämlich mit 4 Jahren eine Leishmaniose ausgebrochen, und da ist es wahrscheinlicher, dass sie diese Mittelmeererkankung von ihrem Geburtsort mitgebracht hat, als dass sie sie hier erworben hätte. Es fragt sich, ob der Händler denn überhaupt weiß, woher seine Hunde stammen? Vielleicht gibt es ja noch Zwischenhändler? Die Hunde können ja nicht erzählen, durch wieviele Hände sie gelaufen sind.
So wünscht man es sich: kerngesunder Welpe und glückliche Kinderaugen




Nur: wie erkenne ich einen seriösen Züchter, bzw. Hobbyzüchter? Achten sie erstmal darauf: Wie sieht es bei dem Züchter aus? Ist die Mutterhündin da? Gibt es ein Impfbuch für den Hund? Hat der Hund schon Wurmkuren bekommen, wenn ja: wieviele?

Näheres hat die Tierschutzbeauftragte des Landes Hessen zusammengestellt.







Leider wird das immer schwieriger, denn auch die Händler haben inzwischen bemerkt, dass viele Tierschutzorganisationen, staatliche Einrichtungen (wie die oben zitierte Landestierschutzbeauftragte und die Veterinärämter) und auch Tierärzteverbände gegen sie mobil machen und die Bevölkerung aufklären.

So wird gelogen und betrogen, was das Zeug hält:

  • Zum Teil werden irgendwelche Hündinnen der Rasse als Alibi-Mutter vorgezeigt, die haben aber gar kein angebildetes Gesäuge!
  • Auch gibt es rührende Geschichten von gestorbenen und mit der Flasche aufgezogenen Welpen.
  • Die Hündin mag es nicht, wenn die Welpen angeschaut werden und wurde deshalb Gassi geschickt.
  • Aus organisatorischen Gründen können Sie den Hund nicht beim Züchter selbst abholen, sondern sollen sich mit ihm auf einem Parkplatz treffen ...

Sie können auch einfach mal den Begriff „Hundehandel“googeln, sie werden staunen, was Sie da alles finden. Auch auf Youtube Stichwort "Hundehandel" gibt es viele z.T. sehr erschreckende Videos, z.B. von Tasso und aus Fernsehberichten, zu diesem Thema anzuschauen.

Jetzt denken Sie vielleicht: ach, das ist aber alles schlimm, ich würde aber trotzdem - oder gerade deshalb - den armen kleinen Hund aus den Fängen dieser Händler retten wollen. Das ist nur leider insofern falsch, als für jeden verkauften Hund mindestens einer nachgezogen wird, der dann wieder im Schlamassel sitzt. Das ganze ist z.T. regelrecht mafia-artig organisiert. Da gibt es ein Netz von Erzeugern, Transporteuren und Anbietern, die alle an den Hundchen ihr Geschäft machen. Seien Sie besonders bei Hunderassen vorsichtig, die gerade „modern“ sind. Das sind derzeit z.B. Möpse, Französische und Englische Bulldoggen, Chihuahuas und andere Zwergrassen. Diese Machenschaften lassen sich auf Dauer nur bekämpfen, wenn die Händler keinen Markt mehr haben.

Hobbyzucht mit Familienanschluß

Informieren Sie sich ggf. bei Zuchtverbänden über den Züchter. Natürlich ist kein Züchter verpflichtet, einem Zuchtverband beizutreten, und wenn Sie keinen Wert auf Papiere legen, tut es ja auch ein Welpe aus Hobbyzucht. Seien Sie dann aber besonders vorsichtig, da hier die schwarzen Schafe häufiger unterwegs sind. Vorsicht gerade bei vermeintlichen Schnäppchen!

Wenn Sie merkwürdige Umstände beobachten, zeigen Sie diese unbedingt beim Veterinäramt an. Die Ämter sind auf Kreisebene eingerichtet  (z.B. bei uns in der Wetterau sitzt das Veterinäramt in der Mainzer-Tor-Anlage in Friedberg) und gehen Hinweisen nach. Wenn tatsächlich Verstösse gegen das Tierschutzgesetz vorliegen, werden diese verfolgt werden, notfalls mit Hilfe der Polizei.


So, und nur so, können Sie den Welpen und ihren Müttern besser helfen als mit dem Kauf eines der armen Wichte.

Sonntag, 24. März 2013

Neue Öffnungszeiten!

Liebe Tierfreunde,

wir haben unsere Öffnungszeiten für Sie erweitert! Am Mittwochnachmittag bieten wir nun eine frühe Nachmittagssprechstunde zusätzlich an.

Hier sind die neuen Öffnungszeiten im Überblick:


 Vormittag   Nachmittag 
 Mo  9.00-11.00  16.30-19.00 
 Di  9.00-11.00  16.30-20.00 
 Mi  9.00-11.00  13.30-16.30 
 Do  9.00-11.00  16.30-19.00 
 Fr  9.00-11.00  15.30-19.00 
 Sa  9.00-12.00 ---

Wie bisher auch, bitten wir darum, einen Termin zu vereinbaren. Das verkürzt die Wartezeiten! Nicht nur für Sie, sondern vor allem auch für Ihren Vierbeiner. Hund, Katze, Kaninchen, Meerschwein oder Wellensittich sind i.d.R. ja doch aufgeregt, und da wollen wir versuchen, den Streß so gering wie möglich zu halten. Auch akute Fälle kündigen Sie bitte telefonisch (06036-980114) an. Wir können dann ggf. reguläre Termine verschieben und können zeitnah für Ihren vierbeinigen Patienten da sein.

Donnerstag, 14. März 2013

Falsch verbunden



Seit Montag haben wir einen neuen Schülerpraktikanten in der Praxis. Und da fiel mir sofort wieder eine witzige Begebenheit ein, die doch immerhin schon 8 Jahre zurückliegt. Beachtlich daran ist, dass ich nach so langer Zeit noch wusste, wie die Katze hieß, wie sie aussah und was damals passiert ist. Da sag noch mal einer, mein Gedächtnis tauge nichts ;-)

Nun aber endlich zur Geschichte: 2005 sollte die Katze der Familie unseres Praktikanten nämlich bei uns kastriert werden. Und das hat sich ganz schön verzögert. Wenn ich daran zurückdenke, muss ich immer noch lachen. Das Ganze fing damit an, dass die Besitzer schlicht verbummelt hatten, sich rechtzeitig einen Termin geben zu lassen, und so kam es, dass die junge Kätzin unbemerkt rollig wurde. Da sie eine Freigängerin war, wurde sie auch gleich von einem netten Kater aus der Nachbarschaft gedeckt. Sie bekam dann erstmal Babies und das war auch soweit alles unproblematisch. Für so einen Wurf Kätzchen findet man ja auch i.d.R. in der Bekanntschaft genügend Abnehmer. Tja, wir hatten natürlich geraten, dass die Katze dann kurz nach der Geburt kastriert werden sollte. Kätzinnen können nämlich bereits wenige Tage nach der Geburt und noch in der Säugezeit wieder gedeckt werden.

neugeborene Katzenbabies
Naja, was soll ich sagen? Da waren ja erstmal die süßen Babies und da ging das glatt unter! Schließlich wurde ein Termin gemacht, als die Babies schon 8 Wochen alt waren. Da Frauchen morgens nicht viel Zeit hatte, gab sie die Katze in der Transportbox ab und erwähnte noch: „Ich weiß nicht, aber vielleicht ist es schon wieder zu spät! Gucken Sie doch bitte erstmal, ob sie nicht schon wieder trägt! Dann bekommen wir halt nochmal Babies.“ Als dann das Kätzchen an die Reihe kam, wurde es natürlich voruntersucht, das war schon sehr verdächtig und - wie gewünscht - wurde eine Ultraschalluntersuchung gemacht. Tja, und da waren sie: ein ganzer Bauch voll kleiner Kitten. Eines davon sehen Sie hier im Bild:
Links der Kopf rechts der Po, der schwarze Fleck in der Mitte ist das Herz :-)

Wie vereinbart, hat meine Helferin dann bei den Besitzern angerufen. Sie hat nicht lange gefackelt, kam gleich zur Sache und verkündete fröhlich: „Es ist zu spät!!!“. „Wofür?“ fragte das Gegenüber durch den Telefonhörer. „Na ihre Katze, sie bekommt wieder Babies!“. „Meine Katze? Aber die ist doch kastriert!“ „Haben Sie denn mehrere Katzen?“ „Nein, nur unseren Kater ... (längere Denkpause) ... aber sagen Sie mal, Kater bekommen doch gar keine Babies?“ So langsam dämmerte nun auch meiner Helferin etwas. Sie fragte nochmal nach dem Namen und stellte fest, dass sie falsch verbunden war.

Später stellte sich heraus, dass sich ein Zahlendreher in die Telefonnummer eingeschlichen hatte. Meine Helferin hat damals gelernt, dass man immer gut aufpassen muss, wer sich meldet. Witzig war aber, dass es eine ganze Weile dauerte, bis den beiden aufgefallen war, dass da was nicht stimmen konnte. Die „echten“ Besitzer kannte dann das Örtliche Telefonbuch, und so konnte die frohe Botschaft doch noch überbracht werden. Die Kätzin, die übrigens auf den passenden Namen „Baby“ hörte, bekam kurze Zeit später 7 gesunde Kitten. Angesichts der Baby-Katzen-Schwemme haben die Besitzer dann doch zügig nach der Geburt einen neuen Termin gemacht, und so konnte die Gebärfreude endgültig eingedämmt werden


Dazu fällt mir ein wunderbares Gedicht von Theodor Storm (* 1817,† 1888) ein: „Von Katzen“. Da kann man Potenzrechnung lernen und erfährt, dass die Vermehrungsfreude von Katzen doch recht beachtlich ist. Und außerdem, dass das auch schon vor 150 Jahren erhebliche Probleme aufgeworfen hat. Katzenkastrationen kannte man damals noch nicht, und so wurden überschüssige Katzen einfach ertränkt oder erschlagen. Einfach schrecklich! Das muss heute zum Glück niemand mehr, denn so eine Kastration löst das Problem nachhaltig! Und wenn es bei den Besitzern finanziell nicht so rosig ausschaut, helfen hier nahezu alle Tierschutzorganisationen und –vereine gerne weiter. Es gibt nämlich leider jedes Jahr mehr als genug ungewollte Kitten, die dann die Tierheime bevölkern und auch etliche Katzen, die verwildern und dann im nächsten Jahr ihrerseits wieder für Nachwuchs sorgen.

Verstehen Sie mich jetzt nicht falsch: in geregelten Verhältnissen darf man ruhig auch mal seine Katze decken lassen. Es ist eine wunderbare Erfahrung für die ganze Familie, die Geburt und die Aufzucht der Kitten zu begleiten. Nur zuviel ist zuviel! Und auch der größte Bekanntenkreis ist irgendwann gesättigt und man bleibt auf den Kitten sitzen.

3 Wochen alte Katze auf Entdeckungstour
Es gibt zwar auch die Möglichkeit, die Rolligkeit mit Hormonpräparaten zu unterdrücken, nur sind die a) nicht 100%ig sicher und b) gibt es gerade bei Katzen sehr häufig Nebenwirkungen in Form von Gebärmutterentzündungen. Auch reine Wohnungskatzen sollten besser kastriert werden, da bei ihnen durch den fehlenden Deckakt (der Eisprung wird erst durch den Deckakt ausgelöst) ebenfalls häufig Probleme entstehen. Es kommt oft zur Dauerrolligkeit, und die Katzen bekommen zunächst Eierstockzysten und dann auch eine Gebärmutterentzündung. Das macht die dann unabdingbare OP dann leider auch wesentlich riskanter.

Donnerstag, 7. März 2013

Der Hund und der Couchtisch


In die Praxis kommen häufig stolze frisch gebackene Hundebesitzer und möchten, dass ihr neues Familienmitglied gecheckt wird. Häufig ist dann auch die Auffrischungsimpfung fällig, und man hat ja auch so allerhand Fragen, die man gerne beantwortet hätte. So auch in diesem Falle:



Eine vorrangige Frage war: wie groß wird denn der Hund mal werden? Er ist nämlich ein Mischling, und der Besitzer der Mutterhündin hätte gemeint, er werde höchstens kniehoch. Frauchen, die mit dem Welpen Tom und der Tochter in der Praxis ist, berichtet noch, dass Herrchen dem Hundekauf nur zugestimmt habe, wenn der Hund kleiner als der Couchtisch bliebe. Das käme nämlich gar nicht in Frage, dass der Hund dann die Knabbereien vom Tisch naschen würde, oder gar die Gläser vom Tisch wedelt.





OKAAAAAAYYYYY! Wie sage ich es? Der Hund geht mir nämlich jetzt schon mit seinen acht Wochen bis fünf Zentimeter unterhalb meiner Knie, und ich bin nicht gerade winzig, 1,76 m, um genau zu sein. Die Statur spricht auch eher für so Schäferhundgröße. Nun ja!

Vorsichtig kläre ich Frauchen und Tochter darüber auf. Beide sind entsetzt, fassen sich aber schnell. Sie lieben ihr neues Hundchen halt schon sehr. Schnell ist ein Entschluß gefasst: Herrchen bekommt erzählt, jaja, das stimme so alles. Und ich solle nicht petzen. Tue ich auch nicht, auch ich kann schließlich treuen Welpenblicken nicht widerstehen!

Als der Hund dann größer und größer wird, kommt er wieder mal zu uns. Herrchen hat inzwischen selbst herausbekommen, dass da was nicht stimmt, aber nach zwei Monaten will er das neue Familienmitglied auch nicht mehr hergeben. Tom wuchs weiter, und weiter. Ob inzwischen ein neuer, höherer Couchtisch angeschafft wurde, weiß ich nicht. Der müsste dann allerdings schon sehr hoch sein, denn ich kann berichten, dass mir der angeblich „kniehohe“ Mischling, seit er ausgewachsen ist, bis zur Hüfte geht - also sogar noch über Schäferhund-Höhe.


Inzwischen ist der Bursche zehn Jahre alt und wann immer ich ihn sehe, muss ich an den Couchtisch denken. Ich muss doch bei Gelegenheit mal fragen, ob es den überhaupt noch gibt.

Den Tisch natürlich ... oder was dachten Sie? :-)

Freitag, 1. März 2013

Narkose geplant - wirklich nüchtern?

Heute morgen ist es mal wieder passiert: der Patient für die OP war nicht nüchtern.

In diesem Fall hatte Frauchen zwar daran gedacht, dass das Frühstück ausfallen muss, aber beim Morgengassi hat sie dann ganz in Gedanken einen Routinehandgriff in die Jackentasche gemacht. Und schwupps hatte Harry den Hundeknochen gefuttert.

Verzweifelter Blick: Fütter mich!
Na ja, so ein kleiner Hundekuchen kann ja nicht so schlimm sein, denken Sie jetzt vielleicht? Aber genau das ist er! Es geht dabei gar nicht so sehr um die Kreislaufbeeinträchtigung durch die Verdauung. Da haben Sie Recht, das bisschen Leckerchen hat da kaum Einfluß. Dass ein voller Magen eine Menge Durchblutung braucht, ist allseits bekannt. Das kennen wir ja aus dem Schwimmbad: mit vollem Bauch soll man nicht schwimmen gehen. Weniger bekannt ist die Gefahr des Erbrechens.

Im Fall von Harry war das Problem genau das: Narkosemedikamente bewirken in der Einschlafphase eine kurze Phase der Übelkeit. Wenn nichts im Magen ist, passiert entweder gar nichts, oder der Hund bzw. die Katze würgt eine kurze Weile, es kommt aber nichts hoch, dann schläft das Tier tiefer und der Würgereiz lässt nach. Ist ein wenig Schaum oder Magensaft im Magen, dann kommt der hoch, das ist meist auch nicht schlimm, den Schleim wischen wir rasch aus dem Maul und schon sind die Atemwege wieder frei. Schwierig ist es, wenn etwas festes, und sei es noch so klein, im Magen ist. Das kann dann nämlich auf seinem Weg stecken bleiben und dann kann es zum Verschlucken kommen. Wenn nun Teile des Futterbrockens in die Lunge gelangen, kann das fatale Folgen haben. In jedem Fall wird der Fremdkörper eine Entzündung auslösen - eine sog. Aspirationspneumonie. So eine Fremdmaterial-Lungenentzündung ist oft sehr schwer und auch nicht immer zu heilen.

Tja, und deshalb ist es so wichtig, dass nüchtern eben auch wirklich nüchtern ist! Denken Sie bitte daran, wenn Sie Ihr Tier zur Narkose beim Tierarzt vorstellen. Vor allem, seien Sie ehrlich! Niemand reisst Ihnen den Kopf ab, wenn Sie gestehen, dass Sie aus Unachtsamkeit Ihr Tier gefüttert oder mit Leckerchen versorgt haben. Wenn daraus aber ein ernster Narkosezwischenfall wird, werden Sie sich selbst die grössten Vorwürfe machen.

Für den Praxisablauf ist das natürlich schon Mist. Denn nun standen wir mal wieder da: ich und meine TFA! Eine Stunde Zeit für die OP eingeplant und nichts geht. Wir haben dann ein bißchen Papierkram aufgearbeitet und abgestaubt, bis die nächsten Patienten kamen.

Deshalb meine Bitte an Sie - im Namen aller Kollegen - nehmen Sie die Anweisungen vor Narkosen bitte ernst! Und versuchen Sie daran zu denken, alles gewissenhaft zu beachten! DANKE!


Übrigens müssen Hunde und Katzen nur 12 Stunden ohne Nahrung sein. Einen Wasserentzug wie beim Menschen brauchen Sie nicht durchzuführen. Nach einer halben Stunde ist Wasser i.d.R. bereits aus dem Magen weiter in den Darm gewandert und kann keinen Schaden mehr anrichten. Katzen mit Freigang müssen über Nacht eingesperrt werden. Denn Hand aufs Herz: könnten Sie einen Eid schwören, dass Miezi nicht vielleicht doch in der Nacht eine Maus gefangen und vertilgt, oder gegenüber bei der netten alten Dame am Katzenfutter für die Igel genascht hat? Meerschweinchen, Kaninchen und die kleinen Nagerchen müssen dagegen gar nicht nüchtern sein. Ganz im Gegenteil, deren Magen-Darm-Trakt muss ständig nachgefüllt werden, und sie sollen bis direkt vor der OP und auch gleich nach dem Aufwachen wieder Futter bekommen. Näheres finden Sie auch auf unserer Homepage.

PS - zum Trost für alle Vergesslichen: als ich vor ein paar Jahren meine eigene Katze kastrieren wollte, musste ich dafür vier Anläufe nehmen, da mein Mann es in schlafwandlerischer Manier geschafft hatte, sie sage und schreibe dreimal aus Versehen morgens zu füttern. Sie sehen, DAS kommt in den besten Familien vor ;-)