Donnerstag, 13. Juni 2013

Buch - Kater mit Karma

Lesen Sie eigentlich gerne? Ich ja! Letztens habe ich ein schönes Buch gelesen, in dem ein Kater eine der Hauptrollen spielt. Das Buch ist zur Zeit auch der Fortsetzungsroman in unserer Tageszeitung, der "Wetterauer Zeitung". Nur bin ich etwas ungeduldig. Das dauert mir viel zu lange, bis es da jeden Tag in solchen Mini-Häppchen weitergeht. Ich hoffe das Redaktionsteam der WZ verzeiht mir, denn ich habe mir das Buch kurzerhand zum Geburtstag gewünscht - und auch bekommen :-) Yeah! Nach nur fünf Abenden war ich durch. Es liest sich nämlich sehr kurzweilig und hat mir gut gefallen. So kommt es, dass ich mir dachte, ich erzähle Ihnen mal davon:

Wunderbare Unterhaltung mit Tiefgang

Das Buch heißt: "Kater mit Karma" und ist von Helen Brown, einer außergewöhnlichen Autorin, geschrieben. Der Verlag ist Deuticke, mit der ISBN-Nr. 978-3-552-06193-4, es ist auch als E-Book erhältlich. Die Dame lebt in Australien. Es ist ein autobiographisches Buch. Eigentlich ist es eine Fortsetzung zu dem Buch "Cleo, wie ich das Lachen wieder lernte" der gleichen Autorin. Es ist aber eigenständig prima zu lesen. Ich kenne den ersten Teil selbst auch (noch) nicht.

Der Untertitel des Buches lautet "Katzen und Töchter haben eines gemeinsam: Sie kommen selten, wenn man sie ruft.". Da ist 'was Wahres dran! Ich habe selbst beides, sowohl einen Kater als auch eine Tochter; es passt aber auch zu Katzen überhaupt und da ich auch einen Sohn habe, durchaus auch allgemein zu Kindern :-)  Der Kater, um den es im Buch geht, ist ein Siamkater namens Jonah. Er ist im Buch gar nicht mal so dominant. Eigentlich geht es hauptsächlich um die Familie der Autorin. Kurzgefasst: Sie selbst erkrankt an Brustkrebs und ihre ältere Tochter möchte Nonne in einem buddhistischen Kloster in Sri Lanka werden, was der Mutter naturgemäß gar nicht gefällt. Um diese Haupthandlung spinnt sich die Geschichte der Familie und eben auch der Einfluss des überaus quirligen Katers.

Fachlich war ich beeindruckt davon, wie gut sie ein Problem des Katers - nämlich  das Harnmarkieren - beschrieben hat ...

Herrchen ist irgendwann so genervt von dieser Unsitte des Katers, dass er ihn weggeben oder einschläfern lassen will. Letzteres kommt für Frauchen aber so gar nicht in Frage und so sucht sie verzweifelt nach einer Lösung. Sie fragt eine Bekannte um Hilfe, die Katzen über ihre Homepage vermittelt. Unterhaltsam fand ich die Idee dieser Katzensitterin und Katzenexpertin "Vivienne" im Buch. Da die beiden Damen sich angesichts des etwas eigenwilligen Charakters des Katers nicht vorstellen konnten, einen guten Platz für ihn zu finden, schlug die Expertin kurzerhand vor, auf Ihrer Vermittlungshomepage stattdessen einen neuen Platz für den Ehemann zu finden. Interessante Idee: Wäre evtl. manchmal glatt eine Überlegung wert ;-) Sie würden stauen, wie oft ich in der Praxis ähnliche Fälle habe. Häufig verliert einer dann schneller die Nerven, und der ganze Haussegen hängt schief. Ich will gar nicht wissen, wie oft solche Probleme vielleicht tatsächlich schon zu Trennungen geführt haben.

Nein, im Buch musste es so weit dann doch nicht kommen, denn dem Kater - und auch den strapazierten Nerven der Besitzer - konnte geholfen werden. "Wie?" wollen Sie jetzt wissen? Dann lesen Sie ruhig weiter ...

Zunächst einmal wurde bei der Tierärztin abgeklärt, dass kein körperliches Leiden vorlag, es gibt nämlich bei Katzen recht verbreitet chronische Blasenentzündnungen, die zur Unsauberkeit führen können. Auch ein vermehrter Durst mit entsprechend vermehrtem Urinabsatz führt regelmäßig zu Pannen bei den Toilettengängen, das kommt z.B. bei diabetischen Katzen oder nierenkranken Katzen vor. Nun, dem war im Falle von Jonah nicht so.

Jonah litt vielmehr unter einem psychischen Problem. Harnmarkieren ist in den meisten Fällen ein Streßventil. Alles, was die kleine harmonische Welt einer Katze stört, kann es auslösen. Sei es ein neues Familienmitglied (im Buch ein Baby), neue Arbeitszeiten oder ein Urlaub der Besitzer (im Buch Herrchens Dienstreise), umgestellte Möbel oder Renovierungen (im Buch Malerarbeiten im ganzen Haus), Ärger mit anderen Katzen oder Hunden draußen beim Spazieren gehen, langweilige Haltungsbedingungen (im Buch lebt Jonah ohne Katzengefährten - also arteigene Sozialpartner und als reine Wohnungskatze mit wenig Ablenkung, und das bei einem überaus quirligen Temperament) oder, oder, oder ... Katzen sind extrem streßanfällig und konservativ!

Zunächst einmal wurde ein Pheromon-Spray eingesetzt und Frauchen benutzte ein spezielles Reinigungsmittel zum Putzen. Das Reinigungsmittel macht deshalb Sinn, weil einmal nach Urin riechende Stellen, gerne immer wieder markiert werden. Das Mittel entfernt den Uringeruch und überdeckt ihn. Manche Reiniger, die Ammoniak enthalten oder bilden, riechen ähnlich wie Urin und die Katze wäre wiederum angelockt, dort zu markieren. Das Pheromonspray ist ein künstlich hergestellter Duft, den nur die Katze wahrnimmt. Er entspricht den "positiven" Gesichtspheromonen, die beim Markieren durch Köpfchengeben gesetzt werden. Etwas das "positiv", also "wohlfühl"-markiert ist, wird nicht so leicht "negativ", also "streß"-markiert. Das hilft bei vielen Katzen schon sehr gut, bei Jonah aber wohl nicht.
Köpfchengeben als "Positiv"-Markierung

Die Besitzerin verzweifelte immer mehr und versuchte auch die komplette Riege der naturheilkundlichen Mittel ohne Erfolg: Bachblüten (Rescue-, oder Notfall-Tropfen), Kristalle ...

Nach einem längeren Leidensweg, insbesondere der ständig putzenden Besitzer, aber auch des Katers, der ja ein ernstes psychisches Problem hat, hat sich die Besitzerin dazu durchgerungen, die Behandlung mit Psychopharmaka durchzuführen. Jetzt erschrecken Sie vielleicht. Oh Gott, die arme Katze wird mit Chemie ruhg gestellt! Das war wohl auch die Angst der Besitzerin aus dem Buch. Dem ist aber nicht wirklich so. Es geht vielmehr darum, das psychische Leiden zu lindern. Ähnlich einem Menschen mit Depressionen kann die Katze ihr Verhalten in diesen Momenten nicht steuern. Durch Antidepressiva wird die Stimmung der Katze aufgehellt, der beängstigende Auslöser wird z.B. nicht mehr als Angst machend empfunden. In der Folge unterlässt die Katze das Streßmarkieren, weil sie schlicht weniger Streß empfindet. Bei Jonah wurde wohl das aus den USA stammende Prozac mit großem Erfolg gegeben. Bei uns in Europa nehmen wir da lieber ein für Tiere entwickeltes und für Hunde zugelassenes Medikament, das zu den sog. trizyklischen Antidepressiva gehört.

Jonah ging es mit dem Medikament sehr gut. Er war weder "ruhiggestellt", so dass er ständig geschlafen hätte, noch berichtet Helen Brown von Nebenwirkungen. Er war einfach wesentlich ausgeglichener UND das Harnmarkieren hörte fast vollständig auf. Und selbst wenn tatsächlich einmal Nebenwirkungen auftreten würden, wären diese reversibel (will sagen: sie lassen nach, wenn das Medikament abgesetzt würde). Ich möchte das zum Anlaß nehmen und eine Lanze brechen für die Antidepressiva. Sie sind besser als ihr Ruf. Natürlich sollte man trotzdem versuchen, die Streßauslöser zu finden und wenn irgend möglich abzustellen. Wenn das aber allein nicht reicht, dann verdienen Ihre Nerven und das Wohl Ihrer Katze aber den Einsatz der Antidepressiva. Es kann sich mehr als lohnen!

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