Dienstag, 19. November 2013

Wildtiere in der Tierarztpraxis - Daktari in Berstadt?

"Cappuccino" Steinmarder-Säugling
Als Kind war ich fasziniert von "Daktari". Können Sie sich auch noch an die Serie mit dem schielenden Löwen "Clarence"  und der kecken Schimpansendame "Judy" erinnern? Nun, auch bei uns in der Praxis werden immer mal Wildtiere von besorgten Mitmenschen eingeliefert. Nicht gerade Löwen, Zebras und Gazellen, aber halt die Tiere, die bei uns so wild leben. Das ist dann rechtlich so eine Sache, denn Wildtiere unterliegen dem Jagd- und Naturschutzrecht, so ist der jeweilige Jagdpächter des Fundortes für das weitere Vorgehen verantwortlich. Die Wildtiere in seinem Revier "gehören" sozusagen ihm. Er entscheidet, was passiert, natürlich wiederum im Rahmen des Tierschutzgesetzes :-) Heutige Jagdpächter sind auch nicht unbedingt die schießwütigen Jäger wie aus den Liedern und Märchen unserer Kindheit. Sie erinnern sich an "Fuchs, du hast die Gans gestohlen"? Tja, und dann ist da noch die Naturschutzbehörde, die ein Augenmerk auf die Gesamtpopulation und die artgerechte Haltung von Wildtieren hat. Prinzipiell gehören Wildtiere in die Wildnis, nur in seltenen Ausnahmefällen können Sonderhaltungsgenehmigungen erteilt werden. Sie können sich vorstellen, dass das ein ziemlicher Aufwand ist, und es kommt auch darauf an, in welchem Kreis man lebt, sprich mit welcher Unteren Naturschutzbehörde man es zu tun hat. Da gibt es z.T. Beamte, die meinen, selbst untergewichtige Igel gehören im Winter nicht in Menschenhand. Das ist für mich aber grober Unfug! Wenn man einen Igel mit - sagen wir mal - 250g findet und es ist Ende November und es friert nachts bereits, dann gehört nicht viel dazu, um zu erkennen, dass das Kerlchen in der Wildnis Null Komma Null Chancen hat. Was soll er denn bitte sehr essen? Alle Käfer, Würmer, Schnecken etc. sind ja bereits tief in der Erde zur Winterruhe eingegraben, oder nach Hinterlassung von Eiern für das nächste Jahr erfroren. Woher soll "Mecki" jetzt das nötige Fettpolster für seinen Winterschlaf nehmen? Dafür braucht er nämlich wenigstens 500g - besser 600g. Da ist es einfach ein Gesetz der Menschlichkeit, das Tier mitzunehmen und zu pflegen. Das ist auch wenig strittig, immerhin ist es ja erlaubt, hilfsbedürftige Igel in menschlicher Obhut zu pflegen. Sie müssen allerdings zwingend wieder ausgewildert werden, sobald sie wieder fit sind. Das geht bei Igeln recht unproblematisch. Die laufen einfach los, suchen sich Futter zusammen und schlafen tagsüber in irgendwelchen Verstecken, die sie unterwegs entdecken.

Was ist das, kann man das essen?
Komplizierter wird das bei Jägern, denen man erstmal das Selbsternähren beibringen muss. So z.B. bei unserem Marderbaby vom letzten Jahr. Der kleine Kerl war mit wenigen Tagen Alter bei einem Gewitter aus seinem Nest im Dachstuhl eines Hauses gefallen, und lag im Schock und klitschnass auf dem Gehweg. Erfreulicherweise hat er den Schock rasch überwunden und keine Brüche oder inneren Verletzungen davongetragen. Er fing auch schnell an, die angebotene Hundebabymilch aus dem Fläschchen zu trinken. Tja, und dann hatten wir ihn sozusagen am Hals! Während das Kerlchen wuchs und uns mit seiner raubtiertypischen Verspieltheit viel Freude machte, nahmen die Sorgen zu: was wird mit "Cappuccino", wenn er wieder raus muss? Wer will schon gerne einen Marder in seiner Nachbarschaft? Da ist doch diese Sache mit dem Kabelbeißen. Und sie reißen auch gerne Hühner, Meerschweinchen etc., derer sie habhaft werden können. Keine gute Publicity! Außerdem gibt es eigentlich reichlich Marder bei uns, sie sind nicht wirklich vom Aussterben bedroht, da sie sich exzellent an uns Menschen angepasst haben. Man kann sie aber auch blöderweise nicht in Gehegen halten, da sie ein extrem großes Jagdrevier haben und entsprechend riesigen und abwechslungsreichen Auslauf brauchen. Die Tiere werden sonst völlig verhaltensgestört! In unserem Fall hatten wir Glück: ich konnte eine Auswilderungsstation in Bayern auftreiben, die unseren kleinen Liebling gegen eine größere Naturalspende (Futter, Wurmkur, Milchaustauscher, Vitaminpräparate ...) übernommen hat. Wir dürfen also hoffen, dass er jetzt glücklich im bayerischen Wald lebt. Schlimm war es schon für uns, den kleinen Schatz in eine ungewisse und unsichere Zukunft zu entlassen, aber so wollte es nunmal seine Natur.

Igelchen im Winterschlafquartier
Doch zurück zu unseren Igeln. Es ist wieder soweit! Es wird kälter und sie finden weniger Nahrung. Gleichzeitig sind die Igelchen meist übel mit Parasiten belastet, Flöhe, Zecken, Darm- und Lungenwürmer sind sozusagen Standard. Da ist es nicht leicht, zu überleben. Schon recht früh im Oktober hatten wir in der Praxis zwei Igel sitzen, die am hellichten Tag, total mager und vor lauter Flöhen schon fast von selbst weghüpfend auf der Straße, bzw. auf einem Gehweg liegend (wohlgemerkt vor Schwäche nicht einmal zusammengerollt) gefunden wurden. Sie haben sich nach Abtötung der Parasiten und mit gutem Katzendosenfutter und Igeltrockenfutter gut erholt und ihr Winterschlafgewicht inzwischen erreicht. Sie sind schon wieder ausgewildert.

Gerade ist ein 220-Gramm-Igel bei uns, der bereits bei einem netten Herrn in Pflege war und in dessen Schuppen untergebracht war. Offenbar war es dort aber zu kalt, er wurde träge und hat nicht genug gefressen, und sogar abgenommen. Jetzt sitzt er bei Zimmertemperatur bei uns drinnen und wird erstmal gepäppelt. Sind wir mal gespannt, wieviele Igel es diese Saison noch werden. Allerdings sind wir ja nun mal eine Tierarztpraxis und brauchen unsere Station eigentlich für unsere Patienten. D.h. wir können hier nur Notversorgung machen. Zwei Igelchen als längerfristige Gäste, den Luxus leisten wir uns schonmal, aber mehr geht echt nicht. Die eigentliche Pflege der Patienten müssen dann die Überbringer leisten. Bzw. wenn sie die Tiere nicht selbst artgerecht versorgen können, müssen sie eine Igelstation aufsuchen. Diese von engagierten Privatpersonen geführten Pflegestationen kann man über die regionalen Tierheime oder beim Verein Pro-Igel e.V. erfahren. Dort gibt es auch viele tolle Infomaterialien zum Download.

Igelchen in der Schule
Nächste Woche bin ich selbst dann auch wieder mal in Aufklärungsmission unterwegs: seit einigen Jahren besuche ich im Herbst immer die vier Klassen der Erstklässler unserer hiesigen Jim-Knopf-Schule mit einem Igelchen. Die Kinder nehmen das Thema Igel im Unterricht durch und der Besuch ist immer wertvoll, um nochmal zu zeigen, was Igel fressen, zu erklären, wie sie leben, welchen Gefahren sie ausgesetzt sind, und es ist für die Kinder auch spannend, einmal die Stacheln zu fühlen. Ich bin davon überzeugt, dass echte Empathie nur entstehen kann durch Wissen und durch persönliche Erlebnisse.

Weniger erfreulich sind da Erlebnisse mit verletzten Tieren. So brachte mir vor einigen Jahren ein Freund der Familie ein Rehkitz, das er mit dem Balkenmäher verletzt hatte. Drei Beine waren abgehackt. Da blieb nur noch der schnelle Griff zur Einschläferspritze. Das arme Tier! Der Freund war völlig mit den Nerven am Ende. War er doch extra vorher die komplette Wiese unter seinem Obstbaumstück abgelaufen, damit genau das nicht passiert. Offenbar hatte sich das Kitz aber so gut im hohen Gras versteckt, dass er es übersehen hatte. In dem Fall war das mit dem Jagdpächter recht streßfrei, die Männer kannten sich, und so gab der Pächter hinterher noch sein ok. Aufgrund der Schwere der Verletzung und des massiven Leidens des Tieres hätte ich es ehrlich gesagt aber auch auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Es gibt Situationen, da muss man im Sinne des Tierschutzes schnell handeln und nicht erst kostbare Zeit vertelefonieren.

Unvergesslich ist mir auch ein anderer Jagdpächter, der mir eine angefahrene Häsin in die Praxis brachte. In seinem Revier gebe es nicht so viele Hasen, und dieser sei ihm daher schon den Versuch wert, das Tier zu retten. OK! Leider war der Feldhase zu stark verletzt und wir mussten ihn dann doch einschläfern.

2004 in der Wetterau - Tollwutbezirk
Interessant war auch ein Erlebnis mit einem Jagdpächter, der kurz nach den Überbringern eines verletzten Fuches in der Praxis eintraf. Ja, wir sollten ruhig versuchen, ob wir den Fuchs durchbekommen. Leider war die Füchsin zu schwer verletzt und wir konnten sie nicht aus dem Schock holen. Sie starb kurz nach der Einlieferung. Blöd war, dass damals bei uns noch Tollwutbezirk ausgerufen war und das Tier somit zur Sektion ans Untersuchungsamt geschickt werden musste. Klar hatten wir bei der Behandlung auch entsprechende Vorsorge zu unserer Sicherheit getroffen. Dennoch waren alle erleichtert, als der Untersuchungsbefund Tollwut - negativ eintraf.


Manchmal haben wir aber auch Glück. Im Frühjahr brachte meine Helferin ein herzallerliebstes Wildkaninchenbaby mit, das auf der Straße gelegen hatte. Es trank gut und entwickelte sich prächtig. Leider hat es einen ganz massiven Fehlbiß, d.h. der Oberkiefer ist verkürzt und die Schneidezähne beißen deshalb aneinander vorbei. Eigentlich ein Problem, das typisch für unsere kleingezüchteten Zwergkaninchen ist, und gar nicht mal für Wildkaninchen. Das Dumme dabei ist, dass die Zähne bei Kaninchen ständig nachwachsen und sie sich bei dem Kerlchen wegen des Fehlbisses nicht abnutzen. Alle 2-3 Wochen müssen sie deshalb mit der Diamantscheibe gekürzt werden. Ein kleiner Eingriff, das geht auch prima ohne Narkose, aber blöd ist es schon. In freier Wildbahn hat es so keinerlei Überlebenschance. In spätestens 4 Wochen wäre es verhungert. Es wohnt jetzt fest bei meiner Helferin und hat ein Zwergkaninchen als Gesellschaft bekommen. Etwas wilder und scheuer ist es zwar schon, aber es scheint recht zufrieden.

Jetzt fragen Sie sich vielleicht: und wer bezahlt das alles? Tja, das kann ich ihnen leicht sagen: ICH! Es gibt nämlich keine Krankenkasse für Wildtiere! Leider hört bei den meisten Menschen die Tierliebe auch jäh auf, wenn sie das Tier gefunden und bei den Fachleuten abgegeben haben. Darunter leiden auch die meist privaten Igelstationen, von denen jede Jahr für Jahr allein für Hunderte bis Tausende Euro Katzenfutter einkaufen muss. Ich habe es einmal ausgerechnet: Unsere zwei Igel frassen zusammen eine Dose Katzenfutter (€ 0,59) am Tag, und ein Päckchen Igeltrockenfutter (€ 6,95)  hält ungefähr 2 Wochen. Das sind dann allein an Futterkosten rund € 5,- pro Woche/pro Igel, dazu kommt die Arbeitszeit meiner Helferinnen beim täglichen Reinemachen, und dazu kommt noch das Behandeln und die Medikamente. Ein echter Luxus, wenn man bedenkt, dass die Tiere manchmal etliche Wochen bei uns zubringen.

Übrigens: Löwen und Tiger haben wir in der Praxis noch keine behandelt. Während meiner Uni-Klinik Zeiten hatten wir aber mal zwei Tigerbabies auf Station - das war dann schon eine spannende Sache. Zumal die süssen Wildkätzchen damals schon an die 40 kg wogen. Sie können also beruhigt sein: es gibt doch keine Neuauflage von Daktari in Berstadt ;-)

Freitag, 15. November 2013

Fotowettbewerb Sommer 2013 - The winner is ... Luzi!

Fotobeiträge 1 bis 13
Das war eine tolle Aktion, die uns und ich glaube, auch unseren Patientenbesitzern riesig Spass gemacht hat. Als ich im Mai beim Baden meines eigenen Hundes ein Foto von dem - nicht gerade begeisterten - klatschnassen Hund gemacht hatte, kam mir die Idee: "Warum nicht mal einen Fotowettbewerb in der Praxis veranstalten?". Das Thema sollte passend zum Sommer "Nasser Hund" sein. Schnell hatte ich mit meinem Team die Rahmenbedingungen ausgearbeitet. Alle Tierbesitzer aus der Praxis sollten mitspielen dürfen. Deshalb sollte entweder der Fotograf Kunde, oder der fotografierte Hund bei uns Patient sein. Ansonsten sollte das Bild nur etwas mit Wasser zu tun haben. Als Preis hatte ich für die ersten fünf Plätze Gutscheine ausgelobt und sie sollten noch ein schickes Mikrofaser-Hundebadetuch bekommen. Ein Poster entworfen und aufgehängt, Handzettel gedruckt und verteilt. Soweit so klar!

Und dann kamen sie - die Wettbewerbsbeiträge! Eine Dame konnte sich nicht entscheiden und schickte gleich 12 Bilder per Mail, wir sollten uns selbst aussuchen, welches Bild gut für den Wettbewerb wäre. Da war mein Email-Account dann erstmal überfüllt und es hat einige Stunden gedauert, bis ich wieder an meine Mails herankonnte ;-)

Fotobeiträge 14 bis 32
Insgesamt nahmen dann 32 Fotobeiträge am Wettbewerb teil. Da gab es Bilder am Strand, im See, in der Badewanne und im Garten. Weil wir das gar nicht alleine aussuchen konnten und wollten, schloss sich gleich der nächste Wettbewerb an. Ich ließ alle Beiträge auf Fotopapier abziehen und wir haben sie auf einen sog. Kundenstopper aufgeklebt. Jetzt durften zwei Monate lang alle Besucher in der Praxis einen Stimmzettel für ihr Lieblingsfoto abgeben. Auch unter den Abstimmenden haben wir wiederum einen Gutschein über € 50,- ausgelobt. Es wurden sage und schreibe 548 Stimmzettel abgegeben.

Tja, und was soll ich sagen. Die Wahl fiel ziemlich eindeutig aus. Auf den ersten Platz entfielen 144 Stimmen. Das ist mehr als 1/4 aller abgegebenen Stimmen! Das sah bei der zeitgleich stattfindenden Hessenwahl und der Bundestagswahl doch etwas anders aus :-)

Am Ende habe ich die Preise nochmal aufgestockt, weil wir alle so begeistert von den Beiträgen und der Beteiligung waren. So hat dann jeder Einsender von Fotos zumindest eine Teilnehmerurkunde und einen Trostpreis in Form eines Hunde-Magic-Towels oder eines Hunde-Frisbees erhalten. Und ich habe die Gutscheingewinne auf die Plätze bis zehn ausgedehnt. So erhielten dann also Platz 1 einen € 50,- Gutschein, Platz 2-3 je € 20,-, Platz 4-5 je € 10,- und Platz 6-10 je € 5,-.

Wir gratulieren allen Gewinnern ganz herzlich! Auch wenn es nicht zu einem der vorderen Plätze gereicht haben sollte. Die Bilder waren allesamt sehr schön und jedes für sich ein kleines Kunstwerk.

Sehen Sie selbst die Plätze 1-3:

Platz 1 - "Luzi" - eingereicht von Helga Weiler

Platz 2 - "Franky" - eingereicht von Marina Klaum

Platz 3 - "Lilli" - eingereicht von Christina Marx


Mittwoch, 11. September 2013

Bratenbrötchen - Angstzustände beim Tierarzt


Leider gibt es in der Praxis einige Hundepatienten, die enorme Angst vor mir bzw. vor der Praxis haben. Zum Glück sind das nicht allzu viele. Die meisten kommen mehr oder weniger willig herein und lassen sich untersuchen und behandeln. Nun kommen auch viele meiner Bekannten und Freunde mit ihren Tieren zu mir und da ist es auffällig, dass da die meisten nur in der Praxis Angst vor mir haben, privat bei uns zuhause, oder bei den Besitzern zuhause aber nicht. Ich kann das ganz gut nachvollziehen, ich sehe meinen Zahnarzt auch lieber privat als dienstlich ;-)

Es gibt da aber eine Ausnahme, die wirklich extrem ist. Roca ist eine stattliche Berner-Sennen-Hündin. Ich kenne die Gute, seit sie vor 4 Jahren als Welpe zum ersten Mal zur Impfung bei mir war. Herrchen und Frauchen kenne ich schon seit fast 13 Jahren; unsere Töchter sind gleich alt und haben schon gemeinsam den Krabbelkreis besucht. Sehr zu Rocas Bedauern sieht man sich also auch immer mal privat.

Im Gegensatz zu den meisten Patienten, die mich privat behandeln wie jeden anderen Menschen auch, ist Roca da doch etwas speziell. Sie sieht mich, weicht sofort zurück und zieht sich entweder in ihr Körbchen im Haus, oder in ihre Hundehütte im Hof zurück. Bis ich gehe, bleibt sie dort und kommt erst wieder raus, wenn ich endlich gehe. Wenn ich sie irgendwo anders treffe, dann hält sie stets soviel Abstand zu mir ein wie die Leine reicht, und schaut, dass Herrchen oder Frauchen stets zwischen uns stehen. Da hilft alles Schmeicheln und Locken nichts, und selbst Leckerchen können sie da kaum beeindrucken.

Aber ... und jetzt kommt’s: letztes Jahr gab es zum Jubiläum unserer Großgemeinde ein tolles Fest am Wölfersheimer See. Gleich drei Tage lang haben große und kleine, junge und alte, und eben auch zweibeinige und vierbeinige Wölfersheimer gefeiert. Bei einer der Feiern saß ich auf einem Podest, als zwei befreundete Familien mit ihren Hunden vorbei kamen. Die eine Hündin war Roca, die andere Raki. Raki hat auch Angst vor mir in der Praxis, aber auch nur in der Praxis, sonst mag sie mich ganz gerne und ist sehr verschmust. Sie kam auch dieses mal gleich und ließ sich kraulen. Roca dagegen hatte sich taktisch hinter Herrchen versteckt. Mein Mann brachte mir ein Bratenbrötchen. Schnell verbreitete sich der köstliche Duft und siehe da: Roca kam vorsichtig näher. Als sie bis auf zwei Schritte an mich herangekommen war, machte sie einen gaaaaanz langen Hals und schnuffelte vorsichtig in Richtung meines Bratenbrötchens. "Aha", dachte ich mir! Die Besitzer waren einverstanden und so habe ich ihr einen kleinen Bissen abgegeben. Mhhhm, das hatte wohl gut geschmeckt, denn sie kam gleich näher und setzte sich vor mich. Sie hat immer weiter das Bratenbrötchen hypnotisiert, oder war es umgekehrt und das Bratenbrötchen hat Roca hypnotisiert? Ich konnte sogar ihren Kopf streicheln. Wir lachten alle. Dann aß ich erstmal meinen Mittagsschmaus und die letzten beiden Bissen teilte ich dann unter den beiden Damen auf. Raki fand das zwar auch lecker, war aber eher an den Streicheleinheiten interessiert. Kaum war das leckere Bratenbrötchen verschwunden, war der Bann leider gebrochen und Roca zog sich wieder hinter Herrchen zurück.

Vorgestern am Ostermontag habe ich Roca wieder mal gesehen. Ich war gerade im Hof, als die Familie mit ihr am Haus vorbeilief. Roca wechselte spontan die Straßenseite und ging ganz dicht an den gegenüberliegenden Häusern vorbei, immer nervös über die Straße schauend. Klar haben wir erstmal gelacht und dann haben wir uns an das Bratenbrötchen erinnert. Für solche Fälle sollte man immer eines in der Tasche haben. Oder die Besitzer müssen eines mitbringen. In diesem Fall stammte das übrigens wirklich ausserordentlich leckere Bratenbrötchen nämlich von dem Italiener, der sein Ristorante gleich bei den Besitzern um die Ecke hat.

Samstag, 22. Juni 2013

Heinzelmännchenalarm

Kennen Sie das? Gerade hatten Sie noch etwas in der Hand, wurden kurz abgelenkt, legen es aus der Hand und als Sie es wieder nehmen wollen, ist es verschwunden. Spurlos verschwunden. Gibt es sie vielleicht doch die Heinzelmännchen aus den Märchen, die manchmal Sachen verrräumen? Kennen Sie die wunderbaren Kinderbücher von Petterson und Findus? Dort heißen die Kerlchen Mucklas und leben unter den Dielen und in den Zwischenräumen der Wände.

Wir hatten am Wochenende genau so ein Problem. Es gibt an unserem Torpfosten ein Hinweisschild für Notfälle. Dort wird jedes Woche ein wechselndes Magnetschild angebracht, auf dem der Name und die Telefonnummer desjenigen Kollegen stehen, der Vertretungsdienst hat.

Da muss ich jetzt vielleicht etwas ausholen: Es gibt bei uns in der - grob gesagt "nördlichen" - Wetterau seit 20 Jahren eine Vertretungsgemeinschaft für die Wochenenden, der wir 2002 beigetreten sind. Der diensthabende Kollege ist dann ab Samstag mittag bis Montag früh telefonisch erreichbar. In dringenden Fällen, die eben nicht bis zum nächsten Werktag Zeit haben, kann er dann den Patienten einbestellen, untersuchen und behandeln. Am Montag werden die Patienten dann an den Haustierarzt zurück überwiesen und können dann dort weiterbehandelt werden. Dieser Dienst steht auch an allen gesetzlichen Feiertagen zur Verfügung.

Damit die Hilfe suchenden Tierbesitzer wissen, wer Dienst hat, gibt es eine Ansage auf unserem Anrufbeantworter und eben das Vertretungsschild am Torpfosten.

Letztes Wochenende hatte dann ich Dienst und meine TFA (Tiermedizinische Fachangestellte) hatte sich umgezogen, das entsprechende Schild hinten von der Magnettafel geholt, das Licht gelöscht und wollte gerade rausgehen und die Praxis abschließen, als ihr noch etwas einfiel, das sie vergessen hatte. Also legte sie den Praxisschlüssel, den privaten Hausschlüssel, das Dienstschild und noch andere Kleinigkeiten rasch ab, erledigte an der Anmeldung, was noch zu tun war und kam zurück. Sie nahm alles an sich und ging raus. Am Pfosten angekommen vermisste sie das Schild. Also wieder zurück und gesucht. Es blieb verschollen. Inzwischen kam mein Mann zufällig vorbei und die zwei suchten gemeinsam im Windfang, unter der Heizung, hinter der Waage, beim Blumentopf, hinter der Tür ... NICHTS! Dann an der Anmeldung: alles wurde hochgehoben und darunter gesucht, und das ist eine Menge, alle Schubladen nochmal geöffnet ... NICHTS! Das Schild blieb verschollen! Die TFA dachte schon, sie habe einen vorzeitigen Anfall von Senilität, aber es half alles nichts. Sie schrieb dann ein Papierschild und klebte das mit Tesa an den Pfosten.

Am Wochenende habe ich dann auch immer nochmal die Augen aufgehalten ... NICHTS! Am Montag dann lobte sie als Finderlohn ein Eis aus :-) Da haben wir uns dann aber alle mächtig ins Zeug gelegt. Wir sind den ganzen Weg nochmal abgegangen und haben gründlich geschaut ... NICHTS! Auf einmal fiel mir ein, dass das Schild ja magnetisch ist! Es könnte also der Schwerkraft getrotzt haben und sich irgendwo "anmagnetisiert" haben. Als sie dann noch erwähnte, dass sie die Sachen kurz auf der kleinen Heizung im Windfang abgelegt hatte, haben wir zusammen gründlich hinter der Heizung geschaut, erstmal wieder ... NICHTS! Aber dann! Ich habe nochmal mit der Hand gefühlt, und tatsächlich: ganz flach an der Rückseite klebte was ... DAS SCHILD! Es war gar nicht so leicht, es da herauszufummeln. Ein Glück - es ist wieder da! Glauben Sie mir, da hinten hätten wir es wohl in hundert Jahren nicht gefunden, bzw. erst wenn vielleicht mal die Heizung kaputt gegangen wäre. Das Eis war übrigens sehr lecker :-)
Endlich gefunden

Also, es gibt wohl doch keine übernatürlichen Phänomene wie Heinzelmännchen, sondern bloß schnöde Naturwissenschaft - in dem Fall: Physik.

Dienstag, 18. Juni 2013

Hund oder Urlaub

Sachen gibt es, die kann man kaum glauben:

Da bekomme ich letztens einen Hund vorgestellt, der neu bei einer Familie eingezogen ist, und muss doch sehr staunen. Der Hund ist ein vierjähriger, reinrassiger Golden-Retriever-Rüde. Sehr nett und umgänglich. Leider aber auch ziemlich dünn. Die neuen Beistzer erzählen, dass sie den Hund von einer Tierschutzorganisation bekommen haben, die ihn aus Spanien importiert hat. Soweit noch nichts Besonderes, aber ... dieser Hund wurde in Spanien streunend aufgefunden, und er hatte einen Mikrochip. Der Mikrochip war auf eine Familie in Deutschland registriert. Dank internationaler Vernetzung der Haustierregister (z.B. Tasso e.V.) und der Länderkennung im Chip war das schnell zuzuordnen. Die Besitzer wurden benachrichtigt, dass ihr Hund gefunden wurde, und da stellte sich heraus, dass sie ihn gar nicht vermissten. Ja, sie hatten einfach nicht mehr genug Geld für seine Versorgung gehabt und ihn deshalb kurzerhand im Spanienurlaub laufen lassen. Das ist Aussetzen und zumindest in Deutschland strafbar. Immerhin gibt es ein Tierschutzgesetz, von der Moral mal ganz abgesehen.

Einfach ungeheuerlich!

Dass man Tiere nicht aussetzt, sollte inzwischen doch bekannt sein, und dann auch noch in Spanien, wo es so schon sehr viele Streuner gibt. So viele, dass man ihrer nicht Herr werden kann. Wo die Wertschätzung für Hunde so gering ist, dass die Streuner unter jämmerlichen Bedingungen leben ... Und dann, warum überhaupt aussetzen? Schließlich gibt es in Deutschland doch die Möglichkeit, den Hund zu vermitteln, bei einem jungen Rassehund wie hier, könnte man ihn vielleicht sogar für ein paar Hundert Euro verkaufen. Auch die meisten Tierheime übernehmen Hunde und vermitteln diese, wenn sich ihr Besitzer von ihnen trennen muss. Stattdessen wurde der arme Kerl einfach mitten im Nirgendwo ausgesetzt und musste selber sehen, wie er zurechtkommt.

Zum Glück ist der Goldie jetzt wieder in festen Händen und wird erstmal aufgepäppelt, denn auf seiner einsamen Wanderschaft in Spanien hat er gewaltig abgenommen.

Meine Helferinnen meinten übrigens spontan: wenn es nicht fürs Hundefutter reicht, wieso dann für eine Urlaubsreise? Nun, man muss wohl Prioritäten setzen im Leben, und in diesem Fall stand der Hund wohl deutlich hinter der Urlaubsreise :-(

Donnerstag, 13. Juni 2013

Buch - Kater mit Karma

Lesen Sie eigentlich gerne? Ich ja! Letztens habe ich ein schönes Buch gelesen, in dem ein Kater eine der Hauptrollen spielt. Das Buch ist zur Zeit auch der Fortsetzungsroman in unserer Tageszeitung, der "Wetterauer Zeitung". Nur bin ich etwas ungeduldig. Das dauert mir viel zu lange, bis es da jeden Tag in solchen Mini-Häppchen weitergeht. Ich hoffe das Redaktionsteam der WZ verzeiht mir, denn ich habe mir das Buch kurzerhand zum Geburtstag gewünscht - und auch bekommen :-) Yeah! Nach nur fünf Abenden war ich durch. Es liest sich nämlich sehr kurzweilig und hat mir gut gefallen. So kommt es, dass ich mir dachte, ich erzähle Ihnen mal davon:

Wunderbare Unterhaltung mit Tiefgang

Das Buch heißt: "Kater mit Karma" und ist von Helen Brown, einer außergewöhnlichen Autorin, geschrieben. Der Verlag ist Deuticke, mit der ISBN-Nr. 978-3-552-06193-4, es ist auch als E-Book erhältlich. Die Dame lebt in Australien. Es ist ein autobiographisches Buch. Eigentlich ist es eine Fortsetzung zu dem Buch "Cleo, wie ich das Lachen wieder lernte" der gleichen Autorin. Es ist aber eigenständig prima zu lesen. Ich kenne den ersten Teil selbst auch (noch) nicht.

Der Untertitel des Buches lautet "Katzen und Töchter haben eines gemeinsam: Sie kommen selten, wenn man sie ruft.". Da ist 'was Wahres dran! Ich habe selbst beides, sowohl einen Kater als auch eine Tochter; es passt aber auch zu Katzen überhaupt und da ich auch einen Sohn habe, durchaus auch allgemein zu Kindern :-)  Der Kater, um den es im Buch geht, ist ein Siamkater namens Jonah. Er ist im Buch gar nicht mal so dominant. Eigentlich geht es hauptsächlich um die Familie der Autorin. Kurzgefasst: Sie selbst erkrankt an Brustkrebs und ihre ältere Tochter möchte Nonne in einem buddhistischen Kloster in Sri Lanka werden, was der Mutter naturgemäß gar nicht gefällt. Um diese Haupthandlung spinnt sich die Geschichte der Familie und eben auch der Einfluss des überaus quirligen Katers.

Fachlich war ich beeindruckt davon, wie gut sie ein Problem des Katers - nämlich  das Harnmarkieren - beschrieben hat ...

Herrchen ist irgendwann so genervt von dieser Unsitte des Katers, dass er ihn weggeben oder einschläfern lassen will. Letzteres kommt für Frauchen aber so gar nicht in Frage und so sucht sie verzweifelt nach einer Lösung. Sie fragt eine Bekannte um Hilfe, die Katzen über ihre Homepage vermittelt. Unterhaltsam fand ich die Idee dieser Katzensitterin und Katzenexpertin "Vivienne" im Buch. Da die beiden Damen sich angesichts des etwas eigenwilligen Charakters des Katers nicht vorstellen konnten, einen guten Platz für ihn zu finden, schlug die Expertin kurzerhand vor, auf Ihrer Vermittlungshomepage stattdessen einen neuen Platz für den Ehemann zu finden. Interessante Idee: Wäre evtl. manchmal glatt eine Überlegung wert ;-) Sie würden stauen, wie oft ich in der Praxis ähnliche Fälle habe. Häufig verliert einer dann schneller die Nerven, und der ganze Haussegen hängt schief. Ich will gar nicht wissen, wie oft solche Probleme vielleicht tatsächlich schon zu Trennungen geführt haben.

Nein, im Buch musste es so weit dann doch nicht kommen, denn dem Kater - und auch den strapazierten Nerven der Besitzer - konnte geholfen werden. "Wie?" wollen Sie jetzt wissen? Dann lesen Sie ruhig weiter ...

Zunächst einmal wurde bei der Tierärztin abgeklärt, dass kein körperliches Leiden vorlag, es gibt nämlich bei Katzen recht verbreitet chronische Blasenentzündnungen, die zur Unsauberkeit führen können. Auch ein vermehrter Durst mit entsprechend vermehrtem Urinabsatz führt regelmäßig zu Pannen bei den Toilettengängen, das kommt z.B. bei diabetischen Katzen oder nierenkranken Katzen vor. Nun, dem war im Falle von Jonah nicht so.

Jonah litt vielmehr unter einem psychischen Problem. Harnmarkieren ist in den meisten Fällen ein Streßventil. Alles, was die kleine harmonische Welt einer Katze stört, kann es auslösen. Sei es ein neues Familienmitglied (im Buch ein Baby), neue Arbeitszeiten oder ein Urlaub der Besitzer (im Buch Herrchens Dienstreise), umgestellte Möbel oder Renovierungen (im Buch Malerarbeiten im ganzen Haus), Ärger mit anderen Katzen oder Hunden draußen beim Spazieren gehen, langweilige Haltungsbedingungen (im Buch lebt Jonah ohne Katzengefährten - also arteigene Sozialpartner und als reine Wohnungskatze mit wenig Ablenkung, und das bei einem überaus quirligen Temperament) oder, oder, oder ... Katzen sind extrem streßanfällig und konservativ!

Zunächst einmal wurde ein Pheromon-Spray eingesetzt und Frauchen benutzte ein spezielles Reinigungsmittel zum Putzen. Das Reinigungsmittel macht deshalb Sinn, weil einmal nach Urin riechende Stellen, gerne immer wieder markiert werden. Das Mittel entfernt den Uringeruch und überdeckt ihn. Manche Reiniger, die Ammoniak enthalten oder bilden, riechen ähnlich wie Urin und die Katze wäre wiederum angelockt, dort zu markieren. Das Pheromonspray ist ein künstlich hergestellter Duft, den nur die Katze wahrnimmt. Er entspricht den "positiven" Gesichtspheromonen, die beim Markieren durch Köpfchengeben gesetzt werden. Etwas das "positiv", also "wohlfühl"-markiert ist, wird nicht so leicht "negativ", also "streß"-markiert. Das hilft bei vielen Katzen schon sehr gut, bei Jonah aber wohl nicht.
Köpfchengeben als "Positiv"-Markierung

Die Besitzerin verzweifelte immer mehr und versuchte auch die komplette Riege der naturheilkundlichen Mittel ohne Erfolg: Bachblüten (Rescue-, oder Notfall-Tropfen), Kristalle ...

Nach einem längeren Leidensweg, insbesondere der ständig putzenden Besitzer, aber auch des Katers, der ja ein ernstes psychisches Problem hat, hat sich die Besitzerin dazu durchgerungen, die Behandlung mit Psychopharmaka durchzuführen. Jetzt erschrecken Sie vielleicht. Oh Gott, die arme Katze wird mit Chemie ruhg gestellt! Das war wohl auch die Angst der Besitzerin aus dem Buch. Dem ist aber nicht wirklich so. Es geht vielmehr darum, das psychische Leiden zu lindern. Ähnlich einem Menschen mit Depressionen kann die Katze ihr Verhalten in diesen Momenten nicht steuern. Durch Antidepressiva wird die Stimmung der Katze aufgehellt, der beängstigende Auslöser wird z.B. nicht mehr als Angst machend empfunden. In der Folge unterlässt die Katze das Streßmarkieren, weil sie schlicht weniger Streß empfindet. Bei Jonah wurde wohl das aus den USA stammende Prozac mit großem Erfolg gegeben. Bei uns in Europa nehmen wir da lieber ein für Tiere entwickeltes und für Hunde zugelassenes Medikament, das zu den sog. trizyklischen Antidepressiva gehört.

Jonah ging es mit dem Medikament sehr gut. Er war weder "ruhiggestellt", so dass er ständig geschlafen hätte, noch berichtet Helen Brown von Nebenwirkungen. Er war einfach wesentlich ausgeglichener UND das Harnmarkieren hörte fast vollständig auf. Und selbst wenn tatsächlich einmal Nebenwirkungen auftreten würden, wären diese reversibel (will sagen: sie lassen nach, wenn das Medikament abgesetzt würde). Ich möchte das zum Anlaß nehmen und eine Lanze brechen für die Antidepressiva. Sie sind besser als ihr Ruf. Natürlich sollte man trotzdem versuchen, die Streßauslöser zu finden und wenn irgend möglich abzustellen. Wenn das aber allein nicht reicht, dann verdienen Ihre Nerven und das Wohl Ihrer Katze aber den Einsatz der Antidepressiva. Es kann sich mehr als lohnen!

Montag, 10. Juni 2013

Tierisches und sonstiges Zahnweh

Meine Zahnpasta spricht mit mir! Ihre auch?

sprechende Zahnpastatube
Seit Neuestem steht auf meiner Zahnpasta ein Spruch, der mich zum Nachdenken gebracht hat:  

"Pflege Deinen Mund, damit er gesund und glücklich bleibt".

Nett, meine Zahnpasta spricht mit mir, sie duzt mich sogar, und Recht hat sie dabei auch noch. Und wie! Ich würde sogar soweit gehen, dass es eigentlich heißen sollte: "... damit DU gesund und glücklich bleibst." Denn wer schonmal Zahnweh hatte, oder gar einen entzündeten Zahn, der weiß, dass man damit überhaupt nicht gesund und auch kein bißchen glücklich ist.


Meine liebe Helferin z.B. hatte letzte Woche schlimme Zahnschmerzen. Sie sah ganz blaß aus und wirkte so gar nicht glücklich. Ansonsten hat sie aber versucht, das zu verdrängen und hat tapfer gearbeitet, ihre Kinder versorgt und ihren Haushalt geschmissen. Klar hat sie auch mal gesagt, dass sie Zahnweh hat und sich schleunigst um einen Termin beim hiesigen Zahnarzt gekümmert, aber im Großen und Ganzen hat sie "funktioniert". Gut übrigens, dass sie das mit dem Termin selbst machen kann, und dass sie sich dann auch mitteilen kann. So kann sie z.B. dem Zahnarzt genau sagen, welcher Zahn sie zwickt.

Aber ... wie ist das eigentlich, wenn Tiere Zahnweh haben? Die können ja nicht sprechen. Beim Zahnarzt anrufen geht auch nicht. Wie teilen die sich mit? Jaulen die dann, oder stöhnen sie die ganze Zeit? Fressen oder kauen sie nicht, weil es weh tut?

JEIN! Oft höre ich in der Praxis erstaunte Besitzer, denen ich gerade bei ihrem Hund einen dick vereiterten Zahn oder bei ihrer Katze einen durch FORL völlig zerstörten Zahn gezeigt habe, sagen: "... aber Schmerzen kann Wuffi/Miezi keine haben. Er hat gar nicht gejault! Und sie frisst auch noch." DOCH, er/sie kann es nur nicht äußern.
 
gar nicht so selten, völlig vereiterte Zahnfächer

äußerst schmerzhaft FORL - Loch am Zahnhals einer Katze

Oder die Meerschweinchen- oder Kaninchen-Besitzer mit den mageren Tieren, bei denen einem beim Hochklappen der Oberlippe viel zu lange Schneidezähne entgegenspringen, oder bei denen die Backenzähne lange Haken gebildet haben, die in die Backe oder die Zunge einbeißen. Auch sie beteuern oft: "... aber es hat doch ganz normal gefressen." Das kann dann aber nicht so ganz sein, denn mit den Zähnen konnte es garantiert die letzten Wochen schon nur weniger fressen. Es ging vermutlich ganz normal zum Futter, denn Hunger hat es ja, und wie! Nur rein mechanisch klappt das mit dem Abbeißen und Kleinmalen des Futters dann nicht so recht. Die Tiere brauchen einfach länger, um zu fressen, und irgendwann geht dann gar nichts mehr. Auch hier gilt: es kann halt nicht sprechen.

schmerzhafte Sache: Backenzahnhaken die in die Wange pieken
Lautäußerungen wie Jaulen sind bei Zahnschmerzen äußerst selten, es sei denn, der Hund beißt gerade herzhaft genau mit dem wehen Zahn auf etwas drauf. Zahnweh ist ein chronisches Problem, das sich i.d.R. langsam entwickelt. Jaulen ist ein Zeichen eines heftigen, akuten Schmerzes, z.B. wenn Sie Ihrem Hund auf den Schwanz treten, wird er aufjaulen. Er hat einen kurzen stechenden Schmerz empfunden, und sich dabei auch noch erschreckt. Langanhaltende Laute wie Stöhnen oder langgezogenes Jaulen sind sehr selten, sie sind eher ein Zeichen von neurologischen Problemen, oder Nachwirkung einer Narkose, ein Zeichen von Unwohlsein, oder Unglücklichsein (z.B. läufige Hündin in der Nähe und der Rüde singt), oder allenfalls Organschmerzen. Organschmerzen führen aber meist eher zu übergroßer Ruhe als zu Lauten. Nicht fressen kann gut sein. Ich sehe aber meistens schlimme Zähne und die Tiere haben aber doch noch gefressen. Das liegt daran, dass Hunde und Katzen ja nicht dumm sind. Wenn ihnen z.B. rechts oben ein Zahn weh tut, dann kauen sie halt links. Das fällt dann u.U. schon mal auf, dass der Hund in letzter Zeit die Kauknochen immer nach links schiebt. Fressen ist elementar. Wer nicht frisst, stirbt, das weiß auch jedes Tier, also versuchen sie das, solange es nur irgend geht. Bei Katzen gibt es oft häßliche Löcher im Zahn (FORL genannt - "Feline Odontoklastisch Resorptive Läsion"), die bis tief auf den Nerv reichen. Diese Katzen gehen dann meist noch zum Futter, sie kauen wie gesagt oft einseitig, oder sie nehmen Futter ins Maul und fauchen dann kurz und gehen wieder weg. Dann hat etwas Futter an dem Loch geklebt und sie dürften ungefähr den Effekt haben, wie wenn wir Karies haben und ein Eis essen. Das sticht und zieht dann schon mal "hunds"-erbärmlich. 

Bei Kaninchen und Meerschweinchen und den kleinen Nagerchen ist noch weniger mit Lauten zu rechnen, die leiden still in sich hinein. Erstmal merkt man aber gar nichts, denn als unterstes Glied in der Nahrungskette wissen sie, dass ein Zeichen von Schwäche zu zeigen den Tod als Beutetier bedeuten kann. Später wenn die Krankheit fortschreitet, sieht man ihnen u.U. dann das Leiden an. Sie sitzen so etwas zusammengekauert, sind weniger aktiv. Sie fressen weniger, gehen vielleicht kaum noch zum Futter, dann haben sie sich selbst aufgegeben. Jetzt ist das "weniger fressen" leider auch nicht so einfach festzustellen. Denn wer wiegt schon täglich die Futtermenge samt Heu, Pellets und Gemüse ab, und dann fragt sich noch, wenn mehrere Tiere zusammenleben, wer hat denn hier wieviel gefressen? Bei Zahnweh wird erstmal weniger gefuttert, erst wenn es gar nicht mehr geht, gar nichts. Tiere, die unter chronischen Zahnproblemen leiden, lassen wir deshalb mind. wöchentlich wiegen, da sieht man schnell, ob etwas im Busche ist, und kann rechtzeitig reagieren.

Wie wichtig aber gesunde Zähne für das Allgemeinbefinden und die ganze Gesundheit eines Tieres sind, sieht man daran, dass z.B. die Bakterien, die im Zahnstein sitzen, gerne innere Organe befallen. Es gilt: wenn es aus dem Maul faulig riecht, sind da Bakterien am Werke und die tun GAR NICHT gut. Chronische Nierenleiden, Herzklappenendokardosen u.v.m. sind oft durch sie ausgelöst. Zur Zeit haben wir eine Katze in Behandlung, bei der zwei vereiterte Backenzähne sogar zum Nierenversagen geführt haben. Nach vier Tagen Infusionsbehandlung scheint es endlich bergauf zu gehen. Wir hoffen, dass sie keine größere Dauerschädigung der Nieren zurückbehält. Kürzlich hatte ich im Vertretungsdienst eine Dogge mit Fieber, wegen mindestens eines vereiterten Eckzahns. Ja, sogar eine Blutvergiftung (Sepsis) ist gar nicht mal so selten. Meist sind die Tiere aber einfach etwas ruhiger als früher, da die Eiterbakterien den Gesamtorganismus belasten. Es lohnt sich also immer mal, einen Blick ins Maul zu werfen. Im Zweifelsfall kann Ihnen Ihr Tierarzt weiterhelfen, ob das so noch okay ist, oder etwas unternommen werden muss.

Auch der 18-jährige Mix konnte dann wieder kraftvoll zubeißen
Etwas mißlich ist, dass man bei den Haustieren leider generell eine Narkose für Zahn-OPs braucht, aber wenn die mit Bedacht gewählt wird, der Patient bei bekannten Problemen evtl. vorbereitet wird (durch Antibiose oder Infusionen ...), dann klappt das i.d.R. super. Bei uns ist bisher noch nie ein Zahnpatient in der Narkose geblieben, und sei er noch so alt oder noch so krank gewesen.
Natürlich ist es statistisch schon riskanter, bei einem 17-jährigen, herzkranken Dackel mit vereiterten Zähnen eine Narkose zu machen, als bei einem jungen gesunden Tier, aber auch das geht durchaus, und ernste Narkoseprobleme sind äußerst selten. Und glauben Sie mir, Ihr Dackel wird Ihnen SEHR dankbar sein, denn er hat hinterher 1. keine Schmerzen mehr, 2. nicht mehr den ekligen Eitergeschmack im Maul und 3. seine Organe können sich von der andauernden Keimbelastung erholen. Oft sind diese "er-ist-schon-so-alt-und-ganz-schlapp"-Patienten hinterher sogar wieder VIEL agiler. Da haben wir hinterher schon oft erstaunte Besitzer gehört, die sagten: "Ich hatte ja so eine Angst vor der Narkose, aber wenn ich geahnt hätte, wie viel fitter Waldi hinterher ist, wäre ich schon viel früher gekommen".

Übrigens: Meine Helferin ist, seit der Zahn behandelt ist, schmerzfrei und auch sie ist wieder zu Späßen aufgelegt und viel fröhlicher :-)

Es gibt nichts schöneres, als wenn der Schmerz nachlässt.

Samstag, 8. Juni 2013

Biene Maja Invasion

Hilfe, es summt!

Diese Woche wollen es die Wildtiere aber von uns wissen. Jetzt ist gerade erst das Rotkehlchen ausgeflogen, da summt es plötzlich wie verrückt in unserem Hof. Wir folgen dem Geräusch und stoßen auf einen Bienenschwarm, der offenbar ein neues Zuhause sucht. In der äußeren Wand des ehemaligen Pferdestalls - seit dem Ausbau sind darin unsere OP-Vorbereitung und die Stationskäfige untergebracht - sind nämlich zwei etwa 10 x 10 cm große Löcher. Die Löcher enden in der Isolierung und dann erst kommt die von innen vorgemauerte neue Wand.

Tja, was soll ich sagen? Wir sehen ca. 100 Bienen, die wild durcheinander fliegen und in einer erstaunlichen Lautstärke brummen. Sie fliegen in einem der Löcher ein und aus und sind offenbar sehr aufgeregt.
Biene Maja Invasion

Hilfe, was tun? Ich rufe einen hiesigen Imker an, der sich auch dem Hymenopterenschutz verschrieben hat. "Hymeno-...." was? Fragen Sie sich jetzt vielleicht. Also: der Begriff kommt aus dem Griechischen und bedeutet in seine Bestandteile zerlegt: hymen: Haut und pteros: Flügel - kurz Hautflügler. Das ist in der Biologie die Gruppe der Insekten, zu denen eben z.B. die Bienen, Wespen und auch die Ameisen gehören. In unserem Fall Honigbienen, also Apis mellifica.

Leider hat der Fachmann für unser Problem auch keine Patentlösung. Er stellt aber fest, dass es sich bei unseren Bienen, die auffallend braun gefärbt sind, wohl um eine jugoslawische Art handelt, die bei den hiesigen Imkern beliebt ist und dafür bekannt ist, sehr friedlich zu sein. Na, das ist ja schonmal erfreulich :-)

Wahrscheinlich hatte sich das Volk eines Imkers gut vermehrt und sich eine zweite Königin entwickelt. Dann teilt sich nämlich das Volk auf, eine Königen "schwärmt" mit einem Teil des Volkes aus und das Volk entsendet sog. Spurbienen um einen neuen Nistplatz zu suchen. Die zweite Königin verbleibt mit einem Teil des Volkes im Bienenstock. Das passiert um diese Jahreszeit (Frühsommer) wohl öfter. Verjagen kann man sie nicht, man könnte die Königin einfangen und das Volk würde ihr dann folgen. Leider kommt man in unserem Fall nicht an die Königin heran, die vermutlich irgendwo in unserer Isolierung sitzt :-( Vielleicht sind es aber ja auch nur die Spurbienen und sie ziehen wieder ab, da ihnen unser "Nistplatz" nicht passt.

Vergiften - die einzige wirksame Methode, die der Fachmann vorschlug - wollen wir die armen Bienen jedenfalls nicht. Wenn sie sich tatsächlich friedlich verhalten und nur ihr Nest bauen, Honig sammeln und uns sonst nicht belästigen, dann dürfen sie halt bleiben. Der Fachmann meinte allerdings, dass sie im Winter keine Chance hätten, zu überleben.

Hmmh, lecker Lindenhonig

Ich bin gespannt, ob sie bleiben. Wenn ja, werden sie sich in den nächsten Tagen freuen: dann blüht nämlich unsere Hoflinde und der ganze Hof duftet herrlich. Da kommen uns jedes Jahr viele  Bienen besuchen. Dieses Jahr vielleicht sogar unsere neuen Untermieter. Schade nur, dass wir nicht an den Honig rankommen. Lindenblütenhonig oder Lindenhonig (der mit dem Honigtauanteil) sind nämlich seeeehhhhhhr lecker. 

Das nächste Problem ist, dass meine Helferin gerade festgestellt hat, dass es irgendwie auch in der Praxis summt. Sie ist dem Geräusch gefolgt und hat herausgefunden, dass die Bienen sich offenbar so weit durch die Isolierung gearbeitet haben, dass sie jetzt im Sicherungskasten der Praxis angekommen sind :-(

Verflixt! Schnell die Tür wieder zu. Aber, was machen wir denn jetzt. Hat jemand einen klugen Tipp für mich? Hilfe - Biene Maja und ihre Freunde werden langsam aufdringlich.

Freitag, 7. Juni 2013

Vögel müssen fliegen

Da will man ein armes Vögelchen aus den Fängen der bösen Miezekatze retten und dann ...

Gerade ist mir was ziemlich Dummes passiert: 

Lizzy auf der Lauer
Mittagspause ... ich erledige, was alle Menschen so zu erledigen haben. Ich gehe Lebensmittel Einkaufen. Als ich zurückkomme, lade ich das Auto aus. Da höre ich meine Katze Lizzy, wie sie merkwürdige Geräusche macht. So eine Art Entenschnattern. Das ist eindeutig ein Jagdlaut! Also flitze ich um das Auto herum und tatsächlich - sie hat einen Vogel im Maul, ein Rotkehlchen. Verflixter Mist! Ich schimpfe mit ihr und sie lässt brav den Vogel los. Ich schnappe mir das arme Tier und schaue erstmal ganz schnell nach Verletzungen. Der Vogel schnappt nach Luft und ist sehr schlapp, aber er lebt, und ich sehe auch keine Wunden. Also denke ich mir, "einen Versuch ist es Wert" und gehe schleunigst in die Praxis, meine Einkaufstüte noch in der anderen Hand (ich wollte die Fleischtüte ungern bei der Katze lassen). Das Vögelchen soll sich erstmal vom Schock erholen und ich stecke es schnell mit einer Unterlage in einen unserer Stationskäfige und lasse es erstmal in Ruhe. Dann schnell in die Wohnung und die Fleischtüte in den Kühlschrank bringen.

Nach einer Stunde will ich mal schauen, ob das Vögelchen noch lebt, bzw. ob ich vielleicht Wunden versorgen, oder Beinchen oder Flügel schienen muss. Tja, und was entdecke ich da? Eine leere Box mit einer Unterlage und einem kleinen weichen Vogelschiss. Aber wo ist der Vogel? Die Boxentür ist zu, die Zimmertüren hatte ich auch geschlossen und die Tür zum Hof, habe ich gerade im Moment aufgeschlossen. Eine Katze ist nicht da und die hätte auch die Boxentür nicht aufbekommen. ... Hmmmh .... mysteriös!

Auf einmal flattert es um meinen Kopf und ich sehe das Vögelchen auf den Schrank fliegen und sich schnell ganz hinten verstecken. Au weia und oh wie schön!!! 

Rotkehlchen
Dem Vogel geht es ganz offensichtlich wieder gut - im Gegensatz zu dem Rotkehlchen auf dem Foto, das wir vor zwei Monaten leider tot im Garten gefunden haben. Nur war hier blöderweise der Gitterabstand von unserer Stationsbox wohl einen Hauch zu weit, und der kleine Kerl ist durchgeschlüpft. Jetzt ist dummerweise hinter dem Schrank eine schmale Lücke zur Wand hin und ich will ihn da nicht hineintreiben. Er hatte für heute auch wahrlich genug Aufregung. Also mache ich die Tür nach draußen auf und hoffe mal, dass er selbst den Weg nach draußen findet, wenn in der Praxis dann alles wieder ruhig ist. 

Jetzt steht die Tür seit zwei Stunden offen und gerade habe ich nochmal geschaut, denn jetzt fängt die Sprechstunde wieder an. Es ist mucksmäuschenstill und ich sehe nirgends mehr einen Piepmatz. Er ist also wohl hinausgeflogen und hütet sich jetzt hoffentlich besser vor Katzen. Viel Glück kleiner Vogel!

Donnerstag, 6. Juni 2013

Semestertreffen - Mann, bin ich alt

Gerade habe ich wie jeden Tag mein Email-Fach geprüft und da finde ich doch glatt eine Einladung. Aber nicht irgendeine, sondern eine Einladung zum 20-jährigen Semestertreffen. Da wird mir schlagartig klar, dass ich in diesem Jahr tatsächlich schon seit 20 Jahren Tierärztin bin. Man, bin ich alt! 

Ist es wirklich schon so lange her, dass ich 5 1/2 Jahre Studium hinter mir hatte? So lange, dass die letzten Praktika absolviert waren? So lange, dass mit dem dritten Staatsexamen alle 26 Prüfungen durchgestanden waren? So lange, dass ich meine Approbationsurkunde erhalten habe? So lange, dass wir unseren Semesterabschlußball hatten und wir alle darauf brannten, unser Wissen und unsere Fähigkeiten endlich selbst anwenden zu dürfen? Ja, scheinbar schon!

Damals hatten wir ein Lied, das unsere fröhliche Stimmung wiederspiegelte, und das wir zu jeder Gelegenheit spielten und mitsangen: "Summer dreaming" von Kate Yanai, das war damals ein Werbelied für Bacardi-Rum. Das muss ich mir doch gleich nochmal auf YouTube anhören. Das erinnert mich dann allerdings auch an das damalige Lieblings-Party-Getränk Bacardi-Cola (auch Hütchen genannt), oh jeeeeh, da brummt doch gleich der Schädel ;-)

Eine Freundin hat mir damals zum Examen ein Bild gemalt, das sie mir mit Glückwünschen für die Zukunft überreicht hat. Das sieht fast paradiesisch aus. Ich mitten unter den verschiedensten Tieren, die alle fröhlich drein schauen.





Vieles ist seither passiert. Ich selbst habe 6 Jahre lang an den Uni-Tierkliniken verbracht und dort hauptsächlich in der Inneren Medizin, aber auch in der Chirurgie für Kleintiere gearbeitet.
Wir waren ein tolles Team und mit vielen der damaligen Kollegen habe ich immer noch Kontakt.

Aber auch diese Zeit ging vorüber ... Dann kam die Suche nach einem geeigneten Praxisstandort, der Umzug nach Berstadt. Die Ausarbeitung der Umbaupläne, der Umbau, die Einrichtung der Praxis, zwischendurch noch ein Baby und dann 2001 endlich die eigene Praxis!

Jetzt war ich frei und für mich selbst verantwortlich - halt selbstständig. Aber das war auch ein Risiko, und das ist es irgendwie noch immer: ständig müssen Entscheidungen getroffen werden, wie es personell oder auch maschinell weitergehen soll. Und ich musste lernen, dass Überraschungen selten gut sind: Sei es die an einem Bandscheibenvorfall erkrankte Helferin im letzten Jahr, deren Ausfall mich und meine zweite Helferin an den Rand der Belastungsgrenze brachte, bis ein Ersatz gefunden war. Mein gebrochener Fuß, der mich wochenlang am Arbeiten hinderte. Oder die kaputte Röntgenanlage, die plötzlich mal schnell 8.000 Euro schluckte.

Das sind Momente, in denen ich schon mal bereue, selbstständig zu sein. Als Angestellte würde ich einfach monatlich mein Gehalt bekommen, und es könnte mir ziemlich wurscht sein, woher das Geld für die Geräte, Verbrauchsmaterialien etc. kommt, oder ob die Praxis läuft, wenn ich krank bin.

Dann genieße ich es aber auch wieder, frei zu sein in meinen Entscheidungen. Ich kann selbst bestimmen, was ich für meine Arbeit brauche und wenn ich finde, ich möchte gerne mein Labor erweitern, um noch besser und schneller zur Diagnose zu kommen, dann mache ich das.

Ich muss mich auch nicht über nervige Kollegen ärgern, sollte mal jemand nicht ins Team passen! Tja, dann halt nicht. (Das hatten wir übrigens bisher noch nicht. Bei uns geht es eher familiär zu, und bisher hat mich mein Gefühl noch nicht betrogen, wer zu uns passen wird. Das sieht man auch daran, dass bei uns die Helferinnen nicht alle Nase lang wechseln, Fr. Roth ist seit der Gründung dabei und Fr. Ullmann, die jetzt in Babypause ist, war auch schon solange dabei. Auch meine Vertretungstierärztin, Fr. Bogner, ist schon seit der Geburt meines Sohnes 2003 dabei.)

Tja, und jetzt steht also das 20-jährige Semestertreffen an. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich freue mich über solche Einladungen. Vielleicht weil ich ein bißchen neugierig bin, wie es den Anderen so ergangen ist. Wie mögen sie wohl heute aussehen - klar - älter - logisch - das geht mir ja genauso :-)

Es ist aber auch etwas sehr Nostalgisches; man reist - so wie ich gerade - gedanklich zurück in diese Zeit, in der man noch voller Erwartungen war und fragt sich selbst, was davon ist wahr geworden, was nicht? Würde ich es heute nochmal so machen? ...

Hoffentlich kommen viele meiner damaligen Freunde und Bekannten. Manche davon trifft man ja immer mal wieder auf Fortbildungen oder auch privat, das aber viel zu selten. Die meisten der damals knapp 200 Kommilitonen habe ich aber völlig aus den Augen verloren.

Ich freue mich auf das Treffen, das dann im September stattfinden wird. Und ich bin ganz gespannt, was die anderen berichten werden!

Samstag, 27. April 2013

Boys' Day 2013

Diese Woche war er wieder, der jährliche Boys' Day - oder auch Jungen-Zukunftstag. Wenn Sie sich jetzt wundern, was das wohl Neumodisches ist, eine kurze Erklärung: Einmal im Jahr, dieses Jahr am 25. April, bekommen Jungen (Boys' Day) und Mädchen (Girls' Day) die Gelegenheit, in die klassischen Berufe des anderen Geschlechts hineinzuschnuppern. Es geht also darum, dass sich Mädchen Autowerkstätten, Computerfirmen und Baustellen anschauen, und Jungs Friseurläden, Kindergärten, Altenheime oder eben Tierarztpraxen. Hintergrund ist die zu beobachtende geschlechterspezifische Berufswahl. Es scheint uncool zu sein oder einfach abwegig, wenn ein Junge einen "Frauenberuf" ergreifen möchte, oder umgekehrt.


Das ist zum Teil schon sehr gravierend. Die Tiermedizin ist zum Beispiel schon seit Jahren fest in Frauenhand. So liegt der Männeranteil (Quelle: Statistisches Bundesamt 2011) im Ausbildungsberuf Veterinärmedizinische/r Fachangestellte/r nur bei 3,98%, bei den Veterinärmedizinisch-Technischen Assistent/innen sieht es auch nicht viel besser aus, nämlich nur 10,23% und bei den Studenten der Veterinärmedizin auch nur 15,49%. Es fragt sich also: Wo bleibt der männliche Nachwuchs? Warum wollen junge Männer nicht in die Tiermedizin?

Um diesem Trend entgegen zu wirken, haben wir bereits im letzten Jahr und nun auch dieses Jahr wieder je 6 Jungs die Möglichkeit gegeben, sich im Rahmen eines "Schnuppertages" an einem Vormittag bei uns umzuschauen und hinter die Kulissen zu blicken.

Die Aktion habe ich auf der Aktionshomepage des Boys'-Day angemeldet und wir konnten uns vor Nachfragen kaum retten. Es besteht also durchaus Interesse der Jungs an unseren Berufen :-).

Manche Jungs waren sogar von weit her gekommen! Im letzten Jahr hatten wir einen Jungen aus Neu-Isenburg (das ist immerhin 70 km entfernt) und dieses Jahr kamen zwei Jungen aus dem Raum Wetzlar.

Unser Tierarzt-Praxis-Schnupper-Tag lief so:

die Jungs kamen um 9:00 Uhr an und dann erhielten sie erstmal einen Kittel mit Namensschild. Es folgte eine kurze "Verhaltens-Einweisung". Dann begann die Termin-Sprechstunde und die jungen Männer konnten miterleben, wie
  • ein Hund geimpft wurde,
  • ein Kaninchen die Schneidezähne gekürzt bekam,
  • eine Katze wegen einer Bißverletzung behandelt wurde
  • und noch ein paar Patienten mehr vorgestellt wurden.

Ich glaube der Höhepunkt für die Jungs waren die zwei 11 Wochen alten Shih-Tzu-Welpen zum Gesundheitscheck. Da konnte man Jungen-Augen strahlen sehen, und da war auch plötzlich niemand mehr schüchtern! Die Hundchen wurden von vielen Händen gestreichelt und alle fanden es richtig toll.

Nach der Sprechstunde haben wir die Jungs aufgeteilt und eine Führung durch die Praxis mit Übungen und Erklärungen veranstaltet. Im Labor haben wir Blut untersucht und die Laborgeräte erklärt.

Im U2 gab es das Ultraschallgerät zu bestaunen und wir haben einige spektakuläre Röntgenbilder betrachtet.

Im Röntgenraum wurde die Technik gezeigt und auch auf den Strahlenschutz eingegangen.

Im OP gab es dann das Inhalationsnarkosegerät und die Überwachungsgeräte zu bestaunen und in der OP-Vorbereitung den Autoklaven zum Sterilisieren der OP-Bestecke. Mit der Zahnstation durfte dann jeder mit dem Ultraschallreiniger Tipp-Ex von einem Spatel entfernen und einen seiner eigenen Fingernagel mit dem Zahnpolierer glätten. Danach gab es noch eine Erklärung, welche Berufe es in der Tiermedizin gibt und wie man Tierarzt, TFA oder VMTA wird. Alle bekamen von uns noch Infos zu den drei Berufsbildern und eine Praxisinfo zur Erinnerung. Dann wurden die Jungs um 12:30 entlassen und von Ihren Eltern abgeholt.

Wir hatten den Eindruck, dass es den Jungs Spaß gemacht hat und sie es interessant fanden. Vielleicht will der eine oder andere ja später tatsächlich mal einen "tierischen" Beruf ergreifen.

Wir als Praxisteam hatten jedenfalls viel Spaß mit den Jungs. Den Jungs wünschen wir jetzt erstmal wieder viel Spaß und Erfolg in ihren Schulen, und vielleicht bis bald mal wieder.

Tschüss ... sagt auch der "Zwerg" aus unserem Praxis-WC. Das ist übrigens mein Sohn, der inzwischen zwar schon 9 Jahre alt ist, aber auch noch nicht zum Tierarzt-Nachwuchs taugt :-)

Freitag, 26. April 2013

Vorsicht Giftig

Neulich höre ich morgens im Radio, dass es einen Giftunfall in der Landwirtschaft gegeben hat. Offenbar hatte Landwirt A sein Rapsfeld, wie derzeit üblich, mit Pestiziden gespritzt. Der Wind hat dann einen großen Teil des Spritznebels weitergetragen und in der Nähe eine Schafherde, die sich offenbar sogar innerhalb einer Scheune befand, getroffen. Dort sind dann wohl zwei Lämmer gestorben und einige Schafe umgefallen  Landwirt B, dem diese Schafe gehören, hat dann wohl gleich kombiniert, und auf Anraten seines Tierarztes versucht, die Schafe abzubaden. Dabei hat er sich selbst auch vergiftet und musste wegen Übelkeit ins Krankenhaus eingeliefert werden. Auch Rettungskräfte bzw. Polizisten mussten wohl noch im Krankenhaus behandelt werden. [Update 24.04.: die Wetterauer Zeitung berichtet heute, dass laut Sektion der Tod der Tiere nicht im Zusammenhang mit dem Spritzmittel (gegen Pilze) stand, über die Atemprobleme wurde nicht mehr berichtet].

Eine verrückte Geschichte: es fragt sich, was da wohl genau gespritzt wurde, und in welcher Konzentration? Nun ja, Grund genug für mich, Ihnen heute mal von meinen tierärztlichen Erfahrungen mit Pestiziden und anderen Spritzmitteln zu berichten. Im Moment ein sehr wichtiges Thema, denn nicht nur die Pflanzen sind, dank des wunderbaren Frühlingswetters, endlich aus dem Winterschlaf erwacht, auch die Insekten, und Schadpilze sind wieder da, und da will der Landwirt oder Kleingärtner verständlicherweise sein wertvolles Ackergut bzw. sein Gartengemüse und seine Zierflanzen schützen: Also ... greift er zur Chemiekeule und spritzt!

Vor ein paar Jahren hatten wir einen schlimmen Fall von Vergiftungen bei einer Familie, die ihre Kaninchen mit frischem Grün vom Ackerrand gefüttert hatte. Drei Jungtiere hatten damals einige Stunden, nachdem sie das Grünfutter bekommen hatten, Schocksymptome und zentralnervöse Ausfälle. Unser Verdacht ging in Richtung Pestizidvergiftung. Zwei davon sind trotz Behandlung verstorben. Später stellte sich dann auch tatsächlich heraus, dass dort gerade das Feld gespritzt worden war. Tragisch!

frisches Grün vom Ackerrand - hoffentlich ungespritzt
Ein anderes Mal hatten wir eine Katze zu behandeln, die mit schwerer Gelbsucht und ebenfalls Schocksymptomen vorgestellt wurde. Die Katze war drei Tage lang nicht zuhause gewesen und ein Nachbar hatte beobachtet, dass sie davor bei einem Landwirt in der Nachbarschaft herumgelaufen war, der gerade seine Spritze mit Wasser gereinigt hatte. Ob die Katze vielleicht aus einer Pfütze unter dem Gerät getrunken hat, oder ob sie nur ihr Fell geputzt hatte, das verunreinigt war, wissen wir nicht. Durch intravenöse Dauertropfinfusionen und einige Tage Intensivtherapie konnten wir den Kater retten. Er hatte Glück und keine Dauerschäden davongetragen.

Anders als eine 5-jährige Labrador-Hündin, die beim Gassigehen Pflanzenschutzmittel aufgenommen hatte, ob versehentlich oder als Giftköder war leider nicht zu klären. Sie wurde über 2 Wochen in der Klinik auf Intensivstation behandelt, und hatte eine Dauerschädigung der Nieren erlitten. Nach nur zwei Jahren hatten sich die Nierenwerte der Hündin dann trotz Nierendiät und regelmäßiger Kontrollen so verschlechtert, dass sie schwer erkrankte und eingeschläfert werden musste.

Ich möchte Sie also warnen. Lassen Sie ihren Hund nicht durch Äcker laufen, beim Hecheln kann er erhebliche Giftmengen aufnehmen! Lassen Sie ihn auch nicht das frische Grün futtern. Seien Sie vorsichtig, wenn Sie Grünes für Ihre Meeris oder Kaninchen pflücken!

Sonntag, 21. April 2013

Hurra, sie leben noch ... Fische 2 (eine Fortsetzung zum 16. Februar 2013)

Hurra, hurra und juchuh!!!

Am Wochenende war ich im Garten und hörte wie jedes Jahr um diese Zeit unsere Kröte am Teich quaken. Manche Jahre haben wir auch schon Krötenlaich im Teich gehabt, der sich leider nie entwickeln konnte. Dummerweise neigten unsere Goldfische nämlich dazu, den Laich als Delikatesse zu verspeisen. Ich schreibe mit Absicht in der Vergangenheitsform "neigten", denn wie Sie wissen, sind die Goldfische ja leider alle vom Reiher getötet worden :-(





Krötenaufzucht 2007
2007 haben wir wegen der Goldfische den Laich aus dem Teich gefischt und haben die kleinen Kröten geschützt in einem Aqua-Terrarium in der Praxis schlüpfen und sich aus den winzigen Kaulquappen weiter entwickeln lassen. Ich weiß natürlich, dass es  laut Naturschutzgesetz verboten ist, Laich aus der Natur zu entnehmen, nur ist unser Gartenteich mit seiner Teichfolie nicht wirklich als Natur zu bezeichnen und der sichere Tod der Kröteneier durch unsere Goldfische war so sicher wie das Amen in der Kirche. Es handelte sich also um einen echten Notfall. Ich kann einfach nicht zusehen, wenn die Natur ihren Lauf nimmt und Tier A Tier B frisst, nicht einmal als Eier. Ich rette sogar Mäuse vor unseren Katzen, wenn ich ihrer habhaft werden kann. Blöd, ich weiß, aber so bin ich nunmal. Ich weiß auch, dass das Schwein nicht freiwillig in die Katzenfutterdose oder in meine Wurst geklettert ist. Ich bin ja Tierärztin und habe auch schon Schlachthöfe besucht. Aber trotzdem ... Als wir also die Kaulquappen aufzogen, war mein Sohn noch im Kindergarten, und die Kinder haben an Ihrem Spaziergangstag die Praxis besucht. Sie haben damals u.A. auch die Kaulquappen bewundert, die im Nebenraum auf der Fensterbank standen. Die kleinen Kröten haben wir dann wieder an den Teich zurück gebracht. Ich fürchte aber, dass es doch etwas zu viele natürlich Feinde in und am Teich gab, denn schon im Sommer und auch im nächsten Jahr gab es wieder nur eine Kröte an unserem Teich zu sehen. Die scheint aber robust zu sein (oder ist schon die "Next Generation"?) und außerdem mag sie unseren Teich wohl gerne. Denn sie lebt dort seit vielen Jahren. Manchmal sehen wir das Tier dann auch am Teichrand sitzen, wenn es eines seiner klangvollen, abendlichen Konzerte gibt.

Wussten Sie übrigens, wie man Froschlaich von Krötenlaich unterscheidet? Frösche legen den Laich als unregelmäßigen Klumpen Eier ab. Kröten dagegen legen den Laich in langen Schnüren ab, die sie meist um Pflanzen wickeln. 

Nun aber zurück zum Wochenende: Hurra, sie leben! Als ich den Teichrand nach dem kleinen Quake-Tier absuchte, habe ich doch tatsächlich im Teich etwas schwimmen gesehen. Bei genauerem Hinsehen waren da zwei von unseren kleinen Shubunkins und noch drei kleine Goldfisch-Babys, die noch braun sind. Juchuh!!!
 
Hurra, wir leben noch, zwei Shubunkin und 1 Goldie
Es gibt also doch ein paar wenige Überlebende des Reiher-Massakers. Erstaunlich, dass sie erst jetzt wieder zu sehen waren. Ob es bei Schwarmfischen, wie unseren Goldfischen wohl so eine Art traumatischen Schock gibt? Ob sie sich wohl solange versteckt hielten, um dem Reiher das Gefühl zu geben, da brauchst Du nicht mehr suchen, hier ist alles tot? Ich weiß es nicht! Aber ich freue mich! Und die ganze Familie war schon im Garten und hat die Fischchen bewundert. Eine extra Portion Fischfutter ist dabei natürlich auch im Teich gelandet. Womit mal wieder bewiese wäre: die Hoffnung stirbt zuletzt!

PS:
Kann mir jemand einen klugen Ratschlag gegen, wie ich künftig die Reiher von meinem Teich fernhalten kann? Falls ja, wäre ich für kluge Tipps von Teichprofis dankbar :-). Denn Schutznetze verbietet das Tierschutzgesetz ja auch? Ich lege auch keinen Wert darauf, einen im Netz verfangenen Reiher oder Igel vorzufinden, der womöglich im Teich auch noch ertrunken ist.

Schreiben Sie mir doch gerne per Mail, oder einfach hier unten als Kommentar. DANKE!

Dienstag, 16. April 2013

Es war einmal ... das Praxishandy

Tierarztpraxen bieten vielerorten einen Vertretungs- oder Bereitschaftsdienst an den Wochenenden und Feiertagen an. So auch in unserer Region. Zusammen mit sieben weiteren Praxen ist einer von uns am Wochenende für dringende Fälle erreichbar. Soweit so klar.
Zu diesem Zweck gibt es eine äußerst nützliche neuzeitliche Erfindung, der ich mich nicht verschließen konnte (um es mit dem Paten zu sagen: "Ich habe hier ein Angebot, das Sie nicht ablehnen können ..."): das Mobiltelefon oder auch Handy! Doch das Ding hat seine Tücken.

Es war einmal ... das Praxishandy:

Mist: Kein Empfang!
In grauer Vorzeit, also 2001, hatte ich einen Telefonvertrag mit T-Mobile. Den habe ich aber bald wieder gekündigt, weil damals der Empfang von D1 in Berstadt und insbesondere innerhalb meiner Praxisräume und meines Wohnhauses indiskutabel war (wir reden hier vom dunklen Zeitalter des Mobilfunks, als die Netzabdeckung noch ein Thema war). Da der Empfang auch noch schwankte, hatte ich ständig die Befürchtung, einen Anruf zu verpassen.  Das Telefon hatte oftmals nur Empfang, wenn es auf der Fensterbank im Schlafzimmer im ersten Stock lag ... etwas unpraktisch auf die Dauer.


Mitsamt meiner Telefonnummer bin ich dann zu O2 gewechselt; das war empfangsmäßig eine wesentliche Verbesserung, zumindest im Wohnhaus hatte ich jetzt immer Empfang. Die Mitnahme der Telefonnummer (gilt übrigens auch für Prepaid-Karten) ist seit langem gesetzlich geregelt, der Mobilfunkkunde hat ein Recht darauf, seine Nummer zu einem neuen Anbieter mitzunehmen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt für mich, denn viele Tierbesitzer und die Kollegen kennen meine Handynummer. Die zu ändern wäre ein größeres Problem. Das kostet zwar ein paar Euro, aber mir schien das Geld gut angelegt.

Die Mitnahme der Nummer zu O2 war auch kein großes Problem, und ich war lange Zeit zufriedener Kunde.

Irgendwann letztes Jahr wurde es mir dann lästig, als plötzlich mein Vertrag einseitig umgestellt wurde auf irgendeinen komischen Kram mit Mindestumsatz, so dass ich plötzlich fast doppelt so viel zahlen sollte wie vorher. Ich hab's auch verbummelt, mich zu kümmern. Naja, Pech gehabt.

Mittlerweile gibt es Verträge ohne Grundgebühr bei verschiedenen Anbietern, so dass ich beschloss, weiter zu ziehen. Da hatte ich aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht! O2 scheint mich nicht so ganz leicht ziehen lassen zu wollen!

Das fing damit an, dass eine Kündigung per Email zwar möglich zu sein scheint, aber nur, wenn man eine ominöse "PIN" kennt, die auf dem "Begrüßungsschreiben" enthalten ist. Nur: wer hebt so ein Begrüßungsschreiben zehn Jahre lang auf?

Oh wei, O zwei
Danach suchte mein Mann auf der Website ein Kündigungsformular. Nicht auffindbar! Ein Schelm, wer Böses denkt ... Sie kennen den Spruch. Also telefonisch nachgefragt und bei einer sehr affektiert sprechenden Callcenterdame ein Kündigungsformular angefordert. Die Dame war so mißtrauisch, dass sie am Telefon was forderte, um das Formular - wohlgemerkt an die bei O2 bekannte Emailadresse - zu schicken? Na was wohl? Die PIN! Komischerweise ist O2 bei seiner Werbung da weniger mißtrauisch, die kommt nämlich regelmäßig per Mail. Erstaunlicherweise gab die Dame sich dann nach einigen ärgerlichen Worten doch noch mit meinem Geburtsdatum und der Emailadresse zufrieden und ich erhielt ein Formular, mit dem ich dann per Fax noch am selben Tag kündigte. Interessant eigentlich, dass ein Fax rechtlich glaubwürdiger sein soll als ein Telefonat, bei dem ich mich mit Geburtsdatum etc. identifizieren kann.

Ich hatte gehört, dass es vor einiger Zeit wohl eine Gesetzesänderung gab, wonach man eine Rufnummer auch vor Vertragsende zu einem neuen Anbieter umziehen kann. Nach diesem ganzen Ärger wollte ich unbedingt so schnell wie möglich weg von O2. Also: neuen Vertrag abgeschlossen und Rufnummernportierung bei der Frage nach der Wunschnummer angegeben.

Am nächsten Tag dann die Ernüchterung: die Rufnummernportierung wurde von O2 abgelehnt, weil die übermittelten Daten nicht 100-prozentig zusammenpassen. Ich hatte wahrheitsgemäß "Geschäftskunde" und meinen Praxisnamen angegeben. Bei O2 wurde ich auf der Website zwar als Geschäftskunde begrüßt, aber mein Status ist dort als "Selbständig" eingetragen und meine Kundendaten enthalten nur meinen Namen, aber nicht die Praxisbezeichnung. Auch das musste ich mal wieder in der Hotline mühsam selbst herausfinden.

Rein zufällig hat der Mitarbeiter im Callcenter von O2 noch erwähnt, dass ich dem neuen Anbieter bei der Rufnummernmitnahme die PIN mitteilen müsste, damit der die an O2 übermitteln kann als Beweis der Rechtmäßigkeit. AAAAAAHHHHHHH!!!!!

Dann wurde ich am Telefon nochmals weiterverbunden mit dem Hinweis, eine andere Fachabteilung könnte die Kunden-PIN am Telefon ändern. Das entpuppte sich als Ente, es ist nur möglich, das zu tun, wenn man was weiß? Sie erraten es: die alte PIN ist nötig. Nicht einmal die Tatsache, dass meine Festnetz-Telefonnummer zur Adresse passt, und ich sogar auswendig mein Geburtsdatum aufsagen konnte (das ist schon eine Leistung in meinem Alter, sag ich Ihnen!), hat das Callcenter erweichen können!

Ich bekäme jetzt postalisch meine alte PIN zugeschickt. O2 scheint mir als Kunde extrem zu mißtrauen. Offenbar gibt es eine Telefon-Mafia, die willenlos Verträge kündigt, um ... ja um was eigentlich? Wer kündigt denn spaßeshalber anderer Leute Telefonverträge? Na ja, was ich jetzt genau mit der alten PIN machen soll, wenn sie denn mal käme, werde ich dann schon noch herausfinden.

Angeblich wurde die Versendung der PIN am Freitag  vorletzter Woche in die Wege geleitet. Am Montag war sie noch nicht in der Post. Am Mittwoch reklamierte ich telefonisch, und angeblich verließ der Brief O2 genau an diesem Tag. Am Samstag (also inzwischen zwei Wochen später) ist immer noch keine PIN in der Post. Das ist aber auch nicht weiter schlimm, denn der neue Anbieter war wesentlich effektiver in seiner Fehlerbehebung: auf eine Email hin wurde mein Firmenname entfernt, der Portierungsvorgang neu angestoßen und jetzt meldet die Statusseite im Web, dass meine neue SIM-Karte mitsamt der gewünschten Rufnummer am 17.04. zur Verfügung steht. Offensichtlich wurde also diese ominöse PIN zur Portierung doch nicht gebraucht und O2 wollte mich nur noch ein bißchen mehr schikanieren. Anders kann ich mir nicht erklären, dass drei verschiedene Mitarbeiter im Call-Center drei verschiedene Aussagen tätigen, was ich tun oder nicht tun muss.

Die neue SIM-Karte ist  am Samstag eingetroffen. Ich bin gespannt was mein Praxis-Handy noch alles erleben wird. Denn wenn es nicht gestorben ist, dann lebt es noch heute ...

PS:
Ich halte Sie gerne weiter auf dem Laufenden in dieser spannenden Geschichte, versprochen ;-)