Gerade habe ich wie jeden Tag mein Email-Fach geprüft und da finde ich doch glatt eine Einladung. Aber nicht irgendeine, sondern eine Einladung zum 20-jährigen Semestertreffen. Da wird mir schlagartig klar, dass ich in diesem Jahr tatsächlich schon seit 20 Jahren Tierärztin bin. Man, bin ich alt!
Ist es wirklich schon so lange her, dass ich 5 1/2 Jahre Studium hinter mir hatte? So lange, dass die letzten Praktika absolviert waren? So lange, dass mit dem dritten Staatsexamen alle 26 Prüfungen durchgestanden waren? So lange, dass ich meine Approbationsurkunde erhalten habe? So lange, dass wir unseren Semesterabschlußball hatten und wir alle darauf brannten, unser Wissen und unsere Fähigkeiten endlich selbst anwenden zu dürfen? Ja, scheinbar schon!
Damals hatten wir ein Lied, das unsere fröhliche Stimmung wiederspiegelte, und das wir zu jeder Gelegenheit spielten und mitsangen: "Summer dreaming" von Kate Yanai, das war damals ein Werbelied für Bacardi-Rum. Das muss ich mir doch gleich nochmal auf YouTube anhören. Das erinnert mich dann allerdings auch an das damalige Lieblings-Party-Getränk Bacardi-Cola (auch Hütchen genannt), oh jeeeeh, da brummt doch gleich der Schädel ;-)
Eine Freundin hat mir damals zum Examen ein Bild gemalt, das sie mir mit Glückwünschen für die Zukunft überreicht hat. Das sieht fast paradiesisch aus. Ich mitten unter den verschiedensten Tieren, die alle fröhlich drein schauen.
Vieles ist seither passiert. Ich selbst habe 6 Jahre lang an den
Uni-Tierkliniken verbracht und dort hauptsächlich in der Inneren Medizin,
aber auch in der Chirurgie für Kleintiere gearbeitet.
Wir waren ein tolles Team und mit vielen der damaligen Kollegen habe ich immer noch Kontakt.
Aber auch diese Zeit ging vorüber ... Dann kam die Suche nach einem
geeigneten Praxisstandort, der Umzug nach Berstadt. Die Ausarbeitung der
Umbaupläne, der Umbau, die Einrichtung der Praxis, zwischendurch noch
ein Baby und dann 2001 endlich die eigene Praxis!
Jetzt war ich frei und
für mich selbst verantwortlich - halt selbstständig. Aber das war auch ein Risiko, und das ist es irgendwie noch immer: ständig müssen Entscheidungen getroffen werden, wie es personell oder auch maschinell
weitergehen soll. Und ich musste lernen, dass Überraschungen selten gut sind: Sei es die an
einem Bandscheibenvorfall erkrankte Helferin im letzten Jahr, deren
Ausfall mich und meine zweite Helferin an den Rand der Belastungsgrenze
brachte, bis ein Ersatz gefunden war. Mein gebrochener Fuß, der mich wochenlang am Arbeiten hinderte. Oder die kaputte Röntgenanlage, die plötzlich mal schnell 8.000
Euro schluckte.
Das sind Momente, in denen ich schon mal bereue, selbstständig
zu sein. Als Angestellte würde ich einfach monatlich mein Gehalt
bekommen, und es könnte mir ziemlich wurscht sein, woher das Geld für
die Geräte, Verbrauchsmaterialien etc. kommt, oder ob die Praxis läuft, wenn ich krank bin.
Dann genieße ich es aber
auch wieder, frei zu sein in meinen Entscheidungen. Ich kann selbst
bestimmen, was ich für meine Arbeit brauche und wenn ich finde, ich
möchte gerne mein Labor erweitern, um noch besser und schneller zur
Diagnose zu kommen, dann mache ich das.
Ich muss mich auch nicht über
nervige Kollegen ärgern, sollte mal jemand nicht ins Team passen! Tja,
dann halt nicht. (Das hatten wir übrigens bisher noch nicht. Bei uns geht
es eher familiär zu, und bisher hat mich mein Gefühl noch nicht
betrogen, wer zu uns passen wird. Das sieht man auch daran, dass bei uns die Helferinnen nicht alle Nase lang wechseln, Fr. Roth ist seit der Gründung dabei und Fr. Ullmann, die jetzt in Babypause ist, war auch schon solange dabei. Auch meine Vertretungstierärztin, Fr. Bogner, ist schon seit der Geburt meines Sohnes 2003 dabei.)
Tja, und jetzt steht also das 20-jährige Semestertreffen an. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber
ich freue mich über solche Einladungen. Vielleicht weil ich ein bißchen
neugierig bin, wie es den Anderen so ergangen ist. Wie mögen sie wohl
heute aussehen - klar - älter - logisch - das geht mir ja genauso :-)
Es
ist aber auch etwas sehr Nostalgisches; man reist - so wie ich gerade - gedanklich zurück in
diese Zeit, in der man noch voller Erwartungen war und fragt sich
selbst, was davon ist wahr geworden, was nicht? Würde ich es heute
nochmal so machen? ...
Hoffentlich kommen viele meiner damaligen Freunde und Bekannten. Manche davon trifft man ja immer mal wieder auf Fortbildungen oder auch privat, das aber viel zu selten. Die meisten der damals knapp 200 Kommilitonen habe ich aber völlig aus den Augen verloren.
Ich freue mich auf das Treffen, das dann im September
stattfinden wird. Und ich bin ganz gespannt, was die anderen berichten
werden!
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