Bevor ich 2001 meine Praxis eröffnet habe, habe ich einige Jahre als angestellte Tierärztin in der Uni-Tierklinik gearbeitet. Da hatten wir damals einen Patienten, der wegen seiner Kleptomanie gleich dreimal bei uns behandelt werden musste. Jonathan hieß der Kerl, ein stattlicher Bursche mit Schäferhund- und Rottweilerblut in seinen Adern, und dem Gemüt eines Schoßhundes - ein echter Hundeschatz. Jonathan neigte aber dazu, alles was nicht niet- und nagelfest war, aus Mülleimern, von Komposthaufen und woher auch immer zu klauen und zu verschlingen. Zweimal schon hatte er dabei nicht nur Eßbares, sondern auch Fremdkörper erwischt. Durch intensive gemeinsame internistische und chirurgische Aktion hatten wir ihn beide Male wieder auf die Beine bekommen. Einmal hatte er Knochenreste gefressen, die sich im Enddarm verklemmt hatten und diesen regelrecht aufschlitzten, das war damals knapp gewesen. Leider waren aber die Schäden am Darm so groß, dass sich Narben bildeten. Die sind dann nicht so elastisch und manchmal neigen sie dazu, sich weiter zusammenzuziehen. Jonathan hatte deshalb eine Engstelle im Enddarm, durch die nur noch weicher Stuhl hindurchgelangen konnte. Die Besitzer hatten das gut im Griff und gaben entsprechende Diät. Nur 1/4 Jahr nach der letzten OP war er wieder da. Diesmal war es ein komplettes Rollbratennetz, das vor und in der Engstelle festklemmte. Eine weitere OP kam nicht in Frage und so versuchten wir in studenlanger Kleinarbeit endoskopisch das vermaledeite Netz aus dem Hund zu schaffen. Nachdem das größtenteils gelungen war, mussten wir leider feststellen, dass der darunterliegende Darm neue massive Schäden aufwies. Jonathan musste eingeschläfert werden. Wir waren alle sehr betroffen.
An den Fall musste ich nun wieder denken, denn auch bei mir in der Praxis habe ich eine Hündin, die einen echten Hang zum Diebstahl zeigt. Sugar heißt die junge Dame mit dem Hang zur Beschaffungskriminalität. Einmal war sie schon bei mir, nachdem sie einen kompletten Zwiebelkuchen, der zum Auskühlen auf dem Tisch stand, verschlungen hatte. Naja, das gibt doch höchstens Blähungen und Mundgeruch, denken Sie jetzt vielleicht. Leider ist dem nicht so! Zwiebeln enthalten einen Inhaltsstoff, der bei Hunden schwere Vergiftungssymptome bewirken kann: N-Propyl-Disulfid zerstört die roten Blutkörperchen, und das wird ganz schnell lebensgefährlich. Sugar war zum Glück auf frischer Tat ertappt worden und durch ein Brechmittel konnten wir den Zwiebelkuchen wieder herausbefördern, und das wars.
Zwiebel: enthält für Hunde giftiges N-Propyl-Disulfid |
Schoki: enthält für Hunde giftiges Theobromin |
Zum Schluß noch eine Mini-Geschichte zum Thema "Klauen". Wir haben in der Praxis einen Berner-Sennenhund, der es innerhalb seines ersten halben Lebensjahres (!) geschafft hat, zweimal Schotter zu fressen. Das sieht dann auf dem Röntgenbild aus, als wolle er die Titelrolle im Märchen vom "Wolf und den sieben Geißlein" spielen. Nach zwei OPs, die mit einem kürzeren Klinikaufenthalt verbunden waren, hat Herrchen jetzt einen Laster Teer bestellt und den Hof planiert. Seitdem ist RUHE! Manchmal kann die Lösung recht einfach sein :-)
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